10.10.2011, Montag – Bo Phut Village auf Ko Samui
Wiedersehen mit Anne und Eike aus Köln
Oh ist das schön! Nach drei Monaten eine der besten Freundinnen aus Köln wieder zu sehen und einfach drauf los zu quatschen. Ich muss mich nicht mehr vorstellen, muss nicht meine Reiseroute erklären und mir keine Reisestorrys von anderen anhören.
Dafür kann ich nach den Mitbewohnerinnen, der Familie, dem Job und nach News aus der Stadt Kölle fragen. Weil ich Anne schon seit drei Jahren kenne und wir die letzte Zeit in Köln quasi Nachbarn in der Südstadt waren. Das fühlt sich unheimlich gut an.
Eike, Annes Freund, freut sich mit uns und wir trinken erst mal ein Begrüßungsbier auf der Terrasse ihrer Wohnung und blicken aufs Meer, das nur etwa 10 Meter vor uns liegt.
Ich finde nur ein paar Meter weiter ein einfaches aber sauberes Zimmer im Khun Thai Guesthouse für ca. 9 € die Nacht und wir sind quasi wieder Nachbarn.
Wir wohnen im Bo Phut - Fishermans Village auf Ko Samui, einer Insel im Süden von Thailand. Das Klima ist angenehm warm und nicht so feucht-stickig wie in Kuala Lumpur. Das kleine Örtchen, das im Prinzip nur aus zwei Straßen besteht, hat einige niedliche Modeboutiquen, kleine verträumte Cafés, deren Besitzer in der Hängematte auf ihre Kundschaft warten und direkt am Strand gelegene Restaurants, in denen der gebratene Fisch besonders gut schmeckt, wenn man dabei die Füße in den Sand eingräbt.
Wir entschieden uns zum Dinner ins „Karma Sutra“ zu gehen, einem offen gehaltenen Restaurant, von dem man das Geschehen auf der Hauptstraße prächtig beobachten kann. Die Bambussessel sind mit grünen und lila Kissen ausgelegt. Das ist die Sorte von Sitzmöglichkeit, aus der man nicht so schnell wieder aufsteht, wenn man sich ein Mal reingesetzt hat.
Ich freute mich über eine riesige Schüssel frischen Salat, den ich im frittierten Malaysia so vermisst habe. Leider war ich kaum im Stande auch nur die Hälfte zu essen, da ich auf dem Weg zum Restaurant in einem Miniladen Haribos entdeckt hatte. Und da gab es sogar meine Lieblingssorte: Haribo Pfirsiche!! Nach dreimonatiger Abstinenz brauchte ich keine 10 Minuten, um die ganze Packung zu essen. Im Prinzip habe ich sie eher inhaliert.
Der Caipi schmeckte auch vorzüglich und wir genossen den Abend in vollen Zügen.
Abends in meiner Unterkunft traf ich Vanessa. Sie hatte, wie ich, ein kleines Zimmer gemietet und zwei Freundinnen aus ihrer Heimat besuchten sie auf ihrer Weltreise. Doch im Gegensatz zu mir hatte sie gar keine Freude daran, sie wieder zu sehen. „Sie verstehen mich gar nicht. Sie können sich gar nicht vorstellen, was ich in den letzten Monaten erlebt habe“ sagte sie.
Da wurde mir bewusst, wie gut dieser Blog doch ist, um euch alle auf dem Laufenden zu halten. Wenn ich Anne von meinen Reiseerfahrungen berichte, kommentierte sie viel mit „achja, genau“ und kann gezielt Fragen zu einzelnen Erlebnissen stellen, weil sie ja quasi schon alles weiß. Das macht das Erzählen wirklich entspannt und sie meint, dass sie gar nicht das Gefühl hat, dass ich so weit weg bin.
11.10.2011, Dienstag – Bo Phut auf Ko Samui
Ahnungslos beim Frühstück, Rollertour No. 1 und eine skurrile russische Hochzeitsgesellschaft
Vanessa tat mir etwas leid und so lud ich sie ein, am nächsten Morgen mit uns frühstücken zu gehen. Nach dem Frühstück trennten wir uns wieder und als wir um die Ecke bogen, fingen Anne und Eike an zu lachen. „Jetzt können wir es dir ja sagen“ meinten sie und ich verstand erst mal gar nichts.
Sie klärten mich auf, dass sie Vanessa zwei Abende zu vor in ihrer Stammkneipe, dem Gecko’s, beobachtet hatten, wie diese sich mit 4 Jungs ordentlich die Kante gab. Zum Schluss blieb nur noch sie mit einem der Typen übrig. Dieser sagte bei einem Lied „oh, dieses Lied ist so schön, es ist mein Lieblingslied“ und Vanessa entgegnete ganz romantisch „ja, meins auch“ und dann fingen die zwei mitten im Lokal wie wild an zu knutschen und fummeln. Anne und Eike amüsierten sich köstlich, doch der Höhepunkt des Fremdschämens wurde erreicht, als die zwei sich an den Strand verzogen und auf einer beleuchteten Liegefläche fortführten, was sie begonnen hatten. Vanessa kam dann nach einer Viertelstunde total zerwuschelt durch das Lokal zur Straße getorkelt. Der Typ war wohl wenigstens so schlau am Strand lang zu gehen.
Hahaha und grad beim Frühstück haben Vanessa, Anne und Eike so getan, als hätten sie sich noch nie zuvor gesehen.
Als Vanessa vorschlug am Abend was trinken zu gehen, meinte Eike der Schlawiner „Ja, wir können ja ins Gecko’s gehen. Kennste das?“ und lachte sich ins Fäustchen.
Anne und ich bummelten durch die Straßen von Bo Phut und ich kaufte mir ein leichtes weißes Strandkleid, das perfekt zu gebräunter Haut passt.
Eike holte indessen seinen Bruder Sören ab, der von der Nachbarinsel Ko Phangan geflüchtet war. Dort, wo in 2 Tagen die Fullmoonparty stattfindet, wird jeden Abend Pre-Party gefeiert und er meinte, er braucht etwas Erholung, um beim Full Moon fit zu sein.
Wir liehen uns zwei Roller aus und cruisten über die Insel. Zuerst gings zum Big Buddha, einer riesigen goldenen Statue, die man schon aus dem Flieger sieht. Dann fuhren wir durch Chaweng, den Hauptort von Ko Samui, und ich war froh, dass wir nicht dort gelandet waren.
Wie in Kuta auf Bali reihten sich Burger King, Mc Donalds, Starbucks etc. aneinander und es war sehr überlaufen touristisch. Diese Infrastruktur erfordert natürlich eine gewisse technische Versorgung…was in Form von hunderten von Strom- und Telefonkabeln gewährleistet wird, die von kleinen Holzmasten in der Luft gehalten werden. Diese schwarzen Kabelschleier sirren und sprühen ab und zu Funken. Ich glaube, jeder deutsche Ingenieur würde bei diesem Anblick die Hände über dem Kopf zusammen schlagen. Kein Wunder, dass hier ab und zu der Strom ausfällt.
Wir fuhren weiter gen Norden und machten an einem Aussichtspunkt auf einem Hügel halt, von dem man einen wunderbaren Blick aufs Meer hatte. In diesem Moment fing es an, aus den grauen Wolken in Strömen zu regnen und der Wind fegte durch den steinernen, pavilionähnlichen Unterstand. Wenn da mal nicht einige Stromkabel gerissen sind!
Immer mehr Rollerfahrer fanden Unterschlupf. Die vorbeifahrenden Autos hupten uns aus dem Trockenen vergnügt zu. Bei einem Jeep funktionierten die Scheibenwischer wohl nicht mehr. Stattdessen hatten sich zwei Männer einfach aufs Dach gelegt und wischten mit ihren Armen von rechts nach links über die Scheibe, während das Auto in gewohntem Tempo den Berg runter fuhr.
Dieser menschliche Scheibenwischer hat uns allen wirklich die Sprache verschlagen. „Wenn der Fahrer bremst, fliegen die garantiert vom Dach“, waren wir uns alle einig. Aber gut, hier in Südostasien sieht man einiges, von dem ein deutscher Verkehrspolizist nicht ein Mal träumen würde.
Eikes optimistische Einschätzung, dass es in 5 Minuten wieder aufhört zu regnen, bestätigte sich leider nicht. Nach 45 Minuten wurde uns wenigstens etwas zum Gucken geboten.
Zwei dicke weißen Karren hielten vor dem Pavillon und heraus kam eine russische oder polnisch vielleicht auch tschechische Hochzeitsgesellschaft. Die Braut war wirklich hübsch. Allerdings trug sie zu ihrem weißen Kleid silber glitzernde Plateau Schuhe.
Der Bräutigam hatte ein furchtbar blau-grün-braun gemustertes Hemd an, das man sonst nur in Karnevalstruhen aufbewahren würde. Er hatte sich das Halstuch ausgesucht, was am wenigsten zum Hemd passte. Es war hellblau-grau-gemustert. Beim Friseur war auch wohl lange nicht mehr und seine straßenköterblonden, strähnigen Haare konnten nur schlecht die ansetzende Halbglatze verdecken. Wenn man schon so aussieht, dann braucht man sich auch nicht mehr zu rasieren. Sein ebenfalls sraßenköter blonder Schnäuzer strahlte über seinen gelben Zähnen.
Wir vermuteten schon, dass es sich um eine Zwangseirat handelte. So einen Typen könnte man in Deutschland nicht auf den Markt bringen. Der würde wahrscheinlich in seinen Vierzigern nach Thailand kommen, um in Phuket als Sugar Daddy Karriere zu machen.
Der Brautvater hatte seinen stolzen Bauch in ein Hemd gezwängt. Dazu trug er kurze weiße Shorts und Gummischlappen.
Ein Mädel, die wir als Brautjungfer identifizierten, lief die ganze Zeit hektisch mit der Kamera um das Paar und versuchte ein ordentliches Foto von den beiden zu machen, auf dem man die Regenschirme, die von anderen skurril gekleideten Gästen, gehalten wurden, nicht sieht.
Sie trug ebenfalls ein weißes Kleid, das allerdings ziemlich eng und kurz war. Dazu mindestens zwei Nummern zu kleine weiße Sandalen, aus denen ihre weiß lackierten Zehen vorne rausrutschten.
Ihre Begleitung war ein großer dürrer Kerl, dessen Attraktivität auf dem gleichen Level wie die des Bräutigams einzuordnen war. Er hatte auch die verantwortungsvolle Aufgabe ab und zu ein paar Bilder zu schießen. Entweder hat ihm dies einen flauen Magen gemacht oder er hat das Hochzeitsessen nicht vertragen. Jedenfalls zeichnete sich in seiner weißen Stoffhose am Hinterteil ein rundlicher gelb-brauner Fleck ab.
Nachdem mehr oder weniger erfolgreich ein paar Fotos im Kasten waren, stieß die merkwürdige Gesellschaft mit Schampus an. Danach holte der Brautvater für jeden eine Banane aus einer Plastiktüte und wir konnten sie beim Sprechen mit Bananenmatschmund beobachten. Das war spannender als so manche Doku Soap.
Nach 1,5 Stunden Warterei hatte es immer noch nicht aufgehört zu regnen. Wir beschlossen, die Rollertour abzubrechen und kamen kurze Zeit später klitschnass in Bo Phut an.
Abends gingen wir im Gecko’s essen und Eike bestand darauf, eine Runde Billiarde zu spielen. Oh man, dieses Spiel ist einfach nix für mich. Anne und ich waren ein Team und meine Hauptaufgabe war’s mal wieder „die Bälle zu sortieren“, bzw. das passierte, wenn ich versuchte, eine Kugel einzulochen. Sören hat fast genauso viel Talent wie ich und spielte ab und zu für unser Team. So schafften wir es tatsächlich auch mal eine Runde zu gewinnen. Danke Sören!
12.10.2011, Mittwoch – Khun Thai Guesthouse, Bo Phut auf Ko Samui
Rollertour, die zweite und Full Moon Party
Petrus war heute gut gelaunt und wir beschlossen unsere Rollertour fortzusetzen.
Zuerst gings zu einer etwas merkwürdigen Attraktion mit dem Namen „Oma und Opa Felsen“. Das ist eine Steinformation an den Klippen, von denen zwei Felsen wie das männliche und weibliche Geschlechtsteil aussehen, nur eben etwas ..ähm…verschrumpelt. Schon merkwürdig, woraus man Touristenattraktionen macht.
Jedenfalls war neben den Felsen ein süßes Café, das aus vielen kleinen Bambusplateaus bestand, die durch Treibholzzäune voneinander abgetrennt wurden. Es wedelten Lampingnons, Bojen und Segeltaue im Wind und wir machten es uns auf den Sitzkissen gemütlich. Der Besitzer schlief anscheinend in einem der Baumhäuschen und so mussten wir fast eine halbe Stunde warten, bis wir (die einzigen Gäste) etwas bestellen konnten. Zum Glück änderte er dann auch die Musik. Jack Johnson passt doch wesentlich besser zur Strandatmosphäre als heavy metal.
Wir fuhren weiter durch ein muslimisches Dorf, dessen Häuser so klein waren, dass man durch die offene Terrasse direkt ins Wohn- oder Schlafzimmer gucken konnte. Auf riesigen Tischen waren Bleche mit Fisch zum trocknen ausgelegt und am Dorfbrunnen musste sich eine Attraktion ereignet haben. Eine Horde von Kindern und Männern stand um den Brunnen herum und lugten mit ihren Köpfen hinein.
Zwei kleine Jungs spielten im Meer und sprangen abwechselnd von einem im Wasser stehenden Betonpfeiler. Es war schön, mal ein ganz ursprüngliches Dorfleben ohne Tourismus zu sehen, auch wenn wir uns etwas schlecht fühlten, weil wir wie mit einer Bimmelbahn im Zoo glotzend durch die Straßen fuhren. Ich selbst möchte nie das Gefühl haben, dass mir Touristen ins Wohnzimmer gucken.
.Zurück in Ko Samui sprangen wir kurz ins Meer oder besser gesagt, in die Badewanne.
Um 17 Uhr legte unser Speedboat nach Ko Phangan ab. Die Fahrt dauerte genau eine Bierlänge und als wir ankamen wurden wir direkt von den ersten Ständen mit Neonartikeln und Alkohol-Eimern begrüßt. Wir drehten erst mal eine Runde durch den Ort, um uns etwas Orientierung zu verschaffen, so lange das noch möglich war. Im Prinzip gab es nur Hostels, Supermärkte, Restaurants, Bars und Läden mit Neonartikeln. Ich war wieder einmal froh, dass wir nicht hier sondern in Bo Phut auf wohnten und nur zum Feiern rüber gekommen waren.
Wir schafften uns eine ordentliche Grundlage mit der schlechtesten Pizza, die ich je gegessen habe. Wären wir nicht so hungrig gewesen, wären wir auch sicher nicht in diesem Restaurant, das alles konnte, gelandet. Naja, ihren Zweck hat der zwiebackartige Teig mit Analogkäse und Formschinken wenigstens erfüllt.
Wir kauften uns Neon-Farbe in pink und gelb und malten fleißig drauf los. Als ich meine Hand, meinen Arm, mein Bein und meinen Fuß mit Kreisen, Blumen, Herzen usw. verziert hatte, merkte ich, dass es schwierig ist, sich zu bewegen, ohne das Kunstwerk zu zerstören. Das reichte also aus.
Eike ließ sich auch bereitwillig von Anne den Arm verschönern und ein kleiner Fisch strahlte auf seiner Haut. Das war vielleicht nicht gerade das männlichste Motiv aber besser als die Penisse, die sich einige Jungs auf ihre Oberschenkel malten, so als ob sie aus der Hose rausgucken.
Partyfertig gingen wir zum Same Same Hostel, in dem Sören mit ein paar deutschen Freunden, die in Bangkok studieren, bereits kräftig feierte. Einer davon hatte schon mit einem Eimerveräufer am Strand Freundschaft geschlossen und handelte uns gute Preise aus.
Das Gerede, dass die Barkeeper bei den Partys was in die Eimer mischen, kann ich nicht bekräftigen. In den Eimern sind kleine Glasfalschen mit dem jeweiligen Alkohol und Dosen mit den zugehörigen Softdrinks. Man kann dabei zugucken, wie sie alles öffnen und zusammenkippen. Und wenn man dann noch Angst vor dem Eis hat, kann man darauf ja auch verzichten.
Drogen wurden uns dafür am Strand angeboten. Aber das kommt ja sogar auf Kuta in Bali und auch auf den gängigen Festivals in Deutschland vor.
Es war schon richtig cool, mit tausenden von Leuten am Strand zu tanzen. Der Strand war mit Fackeln beleuchtet und von den Clubs dröhnte Musik aus den Lautsprechern. Die Songauswahl war leider größtenteils der gleiche Lady Gaga und Pitbull Mist, der mir schon in Australien aus den Ohren gelaufen ist.
Wir liefen etwas am Strand entlang, um uns die verschiedenen Locations anzugucken und da entdeckte ich Olli in der Menge. Olli und ich hatten uns ja auf Bali für die Full Moon Party verabredet aber danach keine Ahnung gehabt, wie wir uns hier treffen sollen.
Wie der Zufall es so wollte stand er nun mit einem Glitzerkrönchen in seinen Dreads und einer lachenden Fratze aus Neonfarben auf dem Bauch vor mir. Olli hatte schon einige Eimer Vorsprung und redete die ganze Zeit englisch, obwohl wir ja alle deutsch sprachen. Nach 5 Minuten wurde er von seiner schwedischen Begleitung weiter gezogen und wir kamen zu den Feuerkünstlern. Als wir nach der Party sprachen, konnte er sich an unsere Begegnung nicht mehr erinnern. Und das Foto, das ich von ihm geschossen habe, kommentierte er nur mit „wtf, das bin ich nicht!“.
Einige Leute jonglierten mit brennenden Speeren. Sie entpuppten sich auf den zweiten Blick allerdings als Amateure. Es schien so, als könne jeder, egal mit welcher Eimerbilanz, sich die brennenden Fackeln nehmen und seine artistischen Fähigkeiten unter Beweis stellen. Fünf Minuten reichten aus, um zu beobachten, wie sich zwei Leute an Beinen und auf dem Rücken verbrannten.
Gleich nebenan war die Sleepingarea, wo sie sich dann anschließend von den Strapazen erholen können. Die Area ist im Prinzip eine echt gute Idee. Wenn man auf der Party vor „Müdigkeit“ nicht mehr stehen kann, kann man sich einfach in dieses eingezäunte und semibewachte Feld am Strand legen und hat gute Chancen nicht ausgeraubt zu werden.
Gegen 3 Uhr waren unsere Füße platt, die Eimer leer und unsere Augen hatten genug Schönes und Unschönes gesehen. Erstaunlicherweise musste sich niemand auf dem durch die Wellen brausenden Speedboat übergeben.
Nach 20 Minuten unter der Dusche war meine Haut wieder rosig braun. Das Stück Seife glänzte dafür pink-gelb-gefleckt.
13.10.2011, Donnerstag – Bo Phut, Ko Samui
Katerfrühstück, Gammeln am Strand und nervige Nasennebenhöhlen
Wie sich das für einen „gefühlten Sonntag“ gehört, schliefen wir lange, päppelten uns mit einer Vitaminbombe in Form von Müsli mit Früchten und Joghurt (zumindest für uns Mädels) wieder auf und legten uns danach an den Strand.
Am Strand werden neben Massagen, Sarongs und Kettchen überall Hähnchenspieße und gegrillte Maiskolben verkauft. Da kann man es keine Stunde aushalten, ohne sich etwas vom Grill zu holen.
Die Strandverkäufer sind oft so stark vor der Sonne geschützt, dass man nur noch Hände, Füße und ihr Gesicht sieht.
Am späten Nachmittag verabschiedete ich mich von Anne und Eike, die zurück ins kalte Deutschland mussten. Leider war meine Nebenhöhlenentzündung trotz
14.10.2011, Freitag – Khunthai Guesthouse, Bo Phut auf Ko Samui
Rollercrash – jetzt sehe ich aus, wie eine Mumie
Ich stehe mit einem blauen Kimono in meinem Zimmer, wenn ich mich hinsetze schmerzen meine Knie und auf den Ellenbogen kann ich mich erst recht nicht abstützen.
Die folgende Geschichte ist wahr. Auch wenn sie sich nicht wirklich glaubhaft anhört.
Ich habe mir heute morgen einen Roller geschnappt, um zum Krankenhaus zu fahren, wo ich einen Termin beim HNO-Arzt wegen der hartnäckigen Nasennebenhöhlenentzündung hatte. Das Roller fahren hat ja in den letzten Tagen immer super geklappt und diesmal hatte ich sogar einen Helm, der passt.
Ca. 300 Meter vor dem Krankenhaus war ein Stück der Fahrbahn nass. Ich sah, wie aus der linken Seitenstraße ein LKW kam. Er sah mich, bremste ab, gab wieder etwas Gas, bremste usw.
„Fährt der jetzt oder nicht“, dachte ich mir und bremste aus Reflex. Doch die Reifen fanden auf dem nassen Teer keinen Halt und der Roller rutschte zur Seite weg. Um den Sturz aufzufangen, nutzte ich meine beiden Knie, meinen rechten Ellenbogen, meine linke Hand und meinen rechten Fuß. Naja im Prinzip fiel ich längst auf den Asphalt.
Es ist wirklich faszinierend, dass man im ersten Moment des Schocks überhaupt nichts spürt. Erst als ich das Blut an meinen Beinen sah, wurde mir bewusst, dass ich mich ganz schön verletzt haben musste.
Der LKW fuhr weiter, nachdem der Fahrer gesehen hatte, dass ich noch stehen konnte. Na vielen Dank für die Hilfsbereitschaft.
Dafür standen gleich 10 andere Thailändische Männer um mich herum, die allerdings auch mehr guckten als handelten. Vielleicht konnten sie auch einfach kein Englisch und wussten nicht, was sie zu mir sagen sollten. Einer von ihnen gab mir eine Flasche Wasser und ich fing an mit Taschentüchern die Wunden zu säubern. Das war eher eine impulsartige Verzweiflungstat, die natürlich gar nichts gebracht hat.
Als mir das beim letzten Tempo klar wurde und ich 20 Meter entfernt eine Apotheke sah, hob ich meinen Roller auf, der an der rechten Seite nun ziemlich verschrammt war, und rollte auf das Schild mit dem grünen Kreuz zu.
Die beiden Apothekerinnen kümmerten sich rührend um mich. Sie setzen mich auf einen Stuhl und liefen zu sämtlichen Regalen, um Wunddesinfektionsmittel, Pflaster, Verbände etc. zu holen.
Alle anderen Kunden wurden ignoriert.
Puh, endlich kümmerte sich jemand um mich. Als ich merkte, wie das Jod in der aufgeschürften Haut brannte, die Verletzungen sah und realisierte, was geschehen war, wurde mir sofort schlecht. Ich musste mich auf die kühlen Bodenkacheln zwischen die Regale legen und tief durchatmen.
Als ich noch mal genauer hin schaute, wie viel Creme die Apothekerinnen mir auf die Knie schmierten und wie schief der Verband saß, wurde mir bewusst, dass da wohl doch richtige Profis ans Werk müssen. Und ich war ja eh auf dem Weg zum Krankenhaus und etwas zu früh dran.
Als ich dort ankam, meine Einladung zum HNO vorzeigte und sagte, dass sich aber erst jemand um meine Wunden kümmern muss, blickte die Rezeptionistin schief auf meine schiefen Verbände. Vielleicht sah sie sie nun gerade.
Dann wurde ich sogleich auf ein Bett gelegt, dass wie bei Grey’s Anatomy in der Danny Ducuette Memorial Clinic nur durch Vorhänge von den restlichen Betten abgetrennt war. Sogleich standen 6 Krankenschwestern und –pfleger um mich herum. 12 Hände schnitten mir die semiprofessionellen Verbände ab und es ertönten 6 „ahhh“ und „oooohhh“.
Die Fragen „Pain?“ und „Motorbike?“ konnte ich beide mit „yes“ beantworten.
Über meine Wunden wurde Literweise Desinfektionsmittel geschüttet. Während ein Pfleger mit einem in Jod getunkten Wattepad den Teer aus meinem Ellenbogen raus schrubbte, was schönen orangen Schaum auf meine Haut bildete, fühlte ich mich kurzzeitig wie ein dreckiges T-Shirt, aus dem man versucht einen hartnäckigen Fleck mit Bleiche raus zu waschen.
Allerdings hab ich, im Gegensatz zu einem Stück Stoff, Gefühle und mir liefen die Tränen rechts und links über die Wangen. Zum Glück gabs dann eine Spritze in den Ellenbogen, sodass ich nur noch wie ein T-Shirt – also gar nichts – fühlte.
Nach einer ewig dauernden Prozedur wurden mir dicke Verbände angelegt und ein Antibiotikum sollte helfen, eine Entzündung vorzubeugen.
Dann war ich auch passend zu meinem HNO Termin fertig. Dieser bestätigte mir mit einem Röntgenbild, dass ich noch immer eine kräftige Nasennebenhöhlenentzündung habe und packte gleich ein zweites Antibiotika und diverse andere Pillen auf die Medikamentenliste drauf. Außerdem verbot er mir Klimaanlagen, Ventilatoren, die direkt aufs Gesicht zielen und Schwimmen gehen Wie denn auch mit den Verbänden.
Als ich so verbunden und mit einem Kleid, das nun nur noch von hinten weiß und dafür von vorne braun war, vor dem verschrammten Roller stand, wurde mir bewusst, dass die Rollerrückgabe zu einem echten Problem werden könnte. Entweder muss ich alles eingestehen und für den Schaden haften oder ich muss versuchen mit einem guten Plan und schlechtem Gewissen ungeschoren davon zu kommen.
Ich hatte den Roller bei der Besitzerin meines Guest Houses gemietet, die mir nicht den vertrauenswürdigsten Eindruck machte. Mein Bauchgefühl sagte mir, dass die Gute mich wahrscheinlich übers Ohr hauen würde. Wahrscheinlich würde sie mir eine saftige Rechnung ausstellen und am Ende nicht mal etwas reparieren lassen. Warum hatte ich mir den Vertrag nur nicht durchgelesen. Ich wusste nicht mal, wie hoch die Eigenbeteiligung war.
Darf man jemanden über’s Ohr hauen, nur weil man annimmt, dass die Person einen über’s Ohr hauen wird. Nein, darf man nicht, war ich mir mit mir selbst einig.
Aber andererseits konnte ich ein finanzielles Loch von ein paar Hundert Euro auch absolut nicht in meiner Reisekasse gebrauchen.
Warum musste ich an diesem Tag bloß alleine sein. Ich hatte niemanden, mit dem ich die Für und Wider diskutieren konnte. Also zu Hause bei Mama und Papa anrufen. „Ist schon besser, wenn man ehrlich ist“ war Papas Antwort (Das war kein „Du musst ehrlich sein.“) „Aber du, wenn sie dich übers Ohr hauen will, dann bist du ihr ganz alleine in Thailand natürlich ziemlich ausgeliefert“… Eben.
Ich überzeugte mein schlechtes Gewissen mit einem faulen Kompromiss und beschloss zu versuchen den Roller ganz normal zurück zu geben. Falls ihr etwas an der Maschine auffallen sollte, konnte ich immer noch alles zugeben.
Nun brauchte ich bloß eine Verkleidung, die lang genug war, um meine Verbände an Knien und Ellenbogen zu verdecken. Lange Hose und Pulli wecken bei 30 ° sicher Misstrauen. Ich brauchte irgendwas luftig leichtes.
Da schien mir der blaue Kimono im Supermarkt doch perfekt geeignet. Und 300 Baht (7 €) ist sicher günstiger als eine Rollerreparatur. Ich warf mir also den seidenen Sack über und humpelte zu meinem untreuen Pferdchen. Den kaputten, wackeligen Seitenspiegel klebte ich an der unauffälligsten Stelle mit Pflastertape fest. Da hatte sich der Apothekenbesuch ja doch noch gelohnt.
Im Schneckentempo ging es dann zurück zum Guesthouse. „Oh, new dress!? Beautiful“ kommentierte die Vermieterin mein Auftreten, als ich ihr die Schlüssel überreichte. Die Frage „Everything ok with the motorbike?“ beantwortete ich nur mit einem gequetschten „mmhhh yes“ und verzog mich beschämt in mein Zimmer.
Vor dem Verleih hatten wir auch gar keine gemeinsame Begutachtung des Bikes gemacht, um festzuhalten, welche Kratzer schon bestehen. So vermutete ich, dass die Frau auch jetzt wahrscheinlich einfach vor ihrer ultraschnulzigen Thai-Doku-Soap sitzen bleiben würde, statt das Bike zu inspizieren.
Ich konnte es in meinem Zimmer nicht lang aushalten und lief zur Strandbar, wo ich mich in einen Liegestuhl legte, um zu lesen.
Als ich zurück ging, sah ich die Frau mit anderen Frauen auf der Straße quatschen. Sie lächelte mir zu und grüßte freundlich. Ich war verwundert, als ich sah, dass der Roller an eine andere Position geschoben wurde. Jemand musste ihn also schon wieder nach mir in der Hand gehabt haben. Wie sollte ich dieses Lächeln denn jetzt bitte deuten? War das ernst gemeint oder gar etwa ein Haha-dir-zieh-ich-das-Fell-über-die-Ohren-Lächeln?
Nein, ich hatte Gespenster gesehen. Die Kratzer und der geklebte Spiegel waren ihr anscheinend wirklich nicht aufgefallen und als gegen 22 Uhr das Licht an der Rezeption aus ging, konnte ich beruhigt aufatmen. Jetzt musste ich nicht mehr befürchten, dass sie an meiner Zimmertür klopft und eine Erklärung inklusive ein paar hundert Euro haben möchte.
Mit gemischten Gefühlen, die aus Erleichterung, Scham, Schmerzen der pochenden Wunden und Unfassbarkeit über den heuteigen Tag bestanden, ging ich schlafen und freute mich, im Morgengrauen diesen Ort verlassen zu können.
Ko Tao
15.10.2011, Samstag – Sai Thong Resort in Sai Nuang Beach auf Ko Tao
Ich, mein Buch und meine Hängematte in einem kleinen Paradies
Mensch, was war ich froh, als ich heut Morgen im Pick Up Bus zur Fähre meinen Kimono abstreifen konnte und nichts mehr verstecken musste. Nach knapp zwei Stunden kamen wir am Pier des Hauptortes Mae Haad auf Ko Tao an.
In dem Trubel wollte ich allerdings nicht bleiben. Ich brauchte Ruhe, um mich von den vergangenen Strapazen zu erholen. Nach harten Verhandlungen sah ich ein, dass mich das Taxi zum abgelegenen Sai Nuan Beach wohl wirklich 300 Bahnt (7 €) kosten würde. Der Taxifahrer begründete dies, indem er mir Fotos von einer steilen, sandig-felsigen Straße zeigte, die noch einige Nummern härter als die Wege auf Fraser Island in Australien aussah. Schöne Masche, dachte ich mir und lud mein Gepäck auf die Ladefläche des Pickups.
Nach 10 Minuten erkannte ich die Straße von dem Bild wieder und setzte mich lieber zu meinem Rucksack auf den Boden der Ladefläche. Einen Sturz von der wackeligen Sitzbank in den Staub konnte ich mir wirklich sparen.
Im Sai Thong Resort angekommen, wurde mir klar, dass sich die 300 Baht definitiv gelohnt hatten. Die Anlage, die aus kleinen einfachen Bambushütten am Strand bzw. am Hügel bestand, hatte quasi ihren kleinen Privatstrand, der für niemanden sonst erreichbar war. Überall waren Sitzkissen und Liegen ausgebreitet. Eine Holzschaukel baumelte an zwei Palmen befestigt im warmen Wind. Von ihr konnte man fast ins Meer springen. Vor der Rezeption war ein kleines Restaurant, das köstliche Thai-Gerichte anbot. Hier habe ich meine erste Tom Yum Suppe, ein süß-sauer-scharfes Nationalgericht mit Garnelen, gegessen.
Meine kleine Bambushütte bestand aus einem Doppelbett, über das ein riesiges Mosquitonetz gespannt war. Das Bad lag quasi im Freien und wurde nur durch das Abdach der Hütte und eine ca. 2,20 m hohe, mit bunt gemustertem Stoff bespannte Bambuswand vom Wald abgetrennt. Auch, wenn ich es mir mit Ameisen, Käfern und Geckos teilen musste, so versprühte die Dusche unter freiem Himmel doch ihren Charme.
Auf meiner Terrasse war eine orangene Hängematte gespannt und ein Muschel-Mobilé tanzte in der frischen Brise, die vom Meer rüber wehte.
Meine Nachbarn, René und Christina aus Dresden, die ihr Geld mit Online-Verkäufen über Ebay verdienen und in Deutschland gerne auf Goa Festivals gehen, erzählen mir, dass es im Wasser nur so von Fischen wimmelt. Sie verbringen den ganzen Tag mit Schnorcheln. Leider kann ich mich in meinem aktuellen Zustand nicht von der Artenvielfalt der Unterwasserwelt überzeugen. Das ist wirklich ein Ärger. Jetzt befinde ich mich im Tauchparadies Thailands und kann nicht ins Wasser. Ein weiterer Grund, warum ich nicht in die Hauptorte Mae Haad und Sairee wollte. Die ganzen famosen Tauchgeschichten möchte ich mir heute nicht anhören.
Stattdessen widme ich mich dem „Headhunter“, einem Buch von Joe Nesbo, das ich in dem chaotischen Bücherschrank im Restaurant gefunden hatte. So liege ich lesend den ganzen Tag in der Hängematte. Christina schenkt mir eine Packung Mückenspray. Im Gegensatz zu mir, werden die beiden selten gestochen und können nix mit ihren 4 aus Deutschland mitgebrachten Packungen anfangen.
Um 18 Uhr wird es dunkel. Dafür wird von 18 – 06 Uhr die Elektrizität in der Anlage angeschaltet, sodass ich in meinem Bett weiterlesen kann. Zur Abwechslung telefoniere ich mit Fritze und Anne. Dank der Auslands-SIM-Karte von True kosten mich Gespräche ins deutsche Festnetz nur 1 Baht pro Minute. Das heißt ich kann für 1,40€ eine Stunde lang telefonieren und Empfang habe ich sogar an diesem abgelegenen Traumstrand.




























