Dienstag, 24. Januar 2012

Cambodia - das freundlichste und heißeste Land in Südostasien

Cambodia

Siem Reap

06.01.2012, Freitag – Bun Seda Guesthouse, Siem Reap
Die Tempel von Angkor
Am nächsten Morgen entschuldige ich mich, dass ich verschlafen habe. Die anderen drei haben sich schon gedacht, dass ich nach der Horrorbustour ins Koma gefallen bin.
Der Obstsalat mit Früchten und Joghurt im Hotel ist überraschend gut. Ausgeschlafen und satt fahren wir im Tuk Tuk zu den Tempelanlagen, die 15 km vom Stadtzentrum entfernt liegen. Pro Person reichen 5 $ damit uns das Tuk Tuk den ganzen Tag zwischen den Tempeln hin und her fährt. Die Tempel von Angkor umfassen eine Fläche von 1000 Quadratkilometern und es wird geschätzt, dass damals 1 Mio. Menschen in der Stadt lebten, die die größte ihrer Zeit war. Damit können nur die Maya den Tempeln von Angkor Konkurrenz machen.
Zuerst geht es zu Angkor Wat, dem berühmtesten Tempel, der als Wahrzeichen Kambodschas gilt und auch auf der Landesflagge abgebildet ist. Die Angkor Periode dauerte vom Jahr 802 – 1432 und endete als die Thais von Ayutthaya in Kambodscha einzogen. Die Tempel sind also ziemlich alt und müssen andauernd restauriert werden, da sie nach dem Fall des Khmer Regimes weitestgehend sich selbst überlassen wurden. Leider stehen vor dem Eingangsbereich des Angkor Wats Baugerüste und grüne Planen. Auf einem Plakat sehe ich, dass sogar einige Wissenschaftler von der Uni Köln an der Restauration beteiligt sind. Ich glaube mit diesen riesigen Gemäuern ist es wie mit dem Kölner Dom. Wenn man ein Mal rum ist, kann man gleich wieder von vorne anfangen.
Der Angkor Wat wird von Touristenmassen besiedelt, was die malerische Atmosphäre etwas zerstört. Ich kann kaum ein Foto schießen, ohne dass mir ein chinesischer Touri durchs Bild läuft. Chinesische und Japanische Reisegruppen sehen übrigens sehr lustig aus, da sie alle entweder die gleiche Weste oder die gleiche Kappe tragen. Diese Erkennungsmerkmale sind meistens in Signalfarben wie neongrün oder neonorange, damit bloß niemand verloren geht.
Die Kambodschaner hingegen lieben den Comic „Angry Bird“ und mir begegnen täglich mehrere Angry Bird – T-Shirts und -Taschen und sogar Motorbikehelme im Angry Bird Design.
Die zweite Station ist der „Ta Prohm“. Einige von euch haben vielleicht schon Lara Croft durch diesen Tempel laufen sehen. Hier wurde nämlich Tomb Raider gedreht. Ta Prohm wird auch „Waldtempel“ genannt, da in und auf seinen Mauern Bäume wachsen. Ja richtig, die Wurzeln von Würgefeigen wuchern auf dem Gebäude. Dazu ist der Tempel der einzige, der bewusst im verfallenen Zustand belassen wurde, in dem er von den Forschern vorgefunden wurde. Das ergibt ein wunderbares Dschungelgefühl.
Die Mauern aller Tempel sind mit kunstvollen Reliefs verziert. Sie zeigen meist Szenen des alltäglichen Lebens der damaligen Zeit, bilden hinduistische Götter ab oder stellen Charakteristika des Buddhismus dar.
Für viele ist dieser ihr Lieblingstempel. Mich fasziniert jedoch am meisten der Bayon Tempel. In diesem fühlt man sich nie allein, denn von 37 meterhohem Türmen lächelt Lokeshvara, der damalige König dieser Zeit herab. Die steinernen Gesichter sind mehrere Meter groß und in alle Himmelsrichtungen ausgerichtet.
Station Nummer vier ist Angkor Thom. Dessen Eingang erreichen wir über eine 100 m lange Brücke, dessen Geländer aus einer Reihe von Kriegern besteht, die eine Naga = eine Art Drachenschlange halten. Angkor Thom ist natürlich wunderschön und eindrucksvoll, aber mit den drei vorherigen kann er nicht mithalten.
So fahren wir zum Sonnenuntergang zurück zum Angkor Wat. Leider geht die Sonne vor dem Tempel unter. Daher laufen wir auf die Rückseite. Hier sind wir jedoch zu nah dran, um ein vernünftiges Foto schießen zu können.
Insgesamt haben mir die Tempel wirklich gut gefallen. Die Dimensionen sind riesig und ich kann mir gut vorstellen, dass in dieser majestätischen Kulisse ein Mal Millionen Menschen gelebt haben.
Wir beschließen einstimmig, dass uns dieser eine Tag genug ist. Im Vorfeld haben mir alle empfohlen mindestens zwei Tage zur Erkundung zu investieren. Aber ich muss sagen, dass mir der Eindruck, den ich von den fünf Tempeln bekommen habe, ausreicht, um ein differenziertes Bild im Kopf zu behalten. Das Tuk Tuk ist außerdem eine gute Möglichkeit, um schnell zwischen den Tempeln zu wechseln. Will man die Anlagen mit dem Fahrrad erkunden und startet in Siem Reap, braucht man sicher zwei Tage.
Ich spür noch immer die Müdigkeit der Busreise in meinen Knochen und halt am frühen Abend wieder ein Nickerchen. Eine Verabredung zum Dinner mit den Dreien geh ich besser nicht ein. Wer weiß, wie lange mein Power Nap diesmal wird. Außerdem genieße ich es auch nach den letzten Monaten etwas Zeit für mich zu haben und alleine durch die Straßen zu laufen.
Um 21 Uhr gehe ich für einen Spaziergang auf den Nachtmarkt, auf dem wirklich schönes Kunsthandwerk und qualitativ hochwertige Souvenirs angeboten werden. Ich hole mir am Früchtestand einen Snack. Mittlerweile bin ich ein richtiger Fan von der grünen sauren Mango geworden, die quasi noch nicht reif und etwas härte als die süße Mango ist. Zusammen mit Chili-Salz-Zucker schmeckt sie einfach köstlich.

07.01.2012, Samstag – Bus von Siem Reap nach Phnom Penh
Landminenmuseum & Busfahrt mit Locals nach Phnom Penh
Kambodscha ist eins der Länder auf der Welt, das am stärksten von Landminen betroffen ist.
Mit dem Tuk Tuk fuhren Emily, Sean, Zoe und ich heute zum ca. 35 km entfernten Landminenmuseum, was eine Stunde im vom Motorbike gezogenen Karren dauert. Das Museum wurde von einem mittlerweil 45 Jahre alten, ehemaligen Kindersoldaten eröffnet, der in seinem Leben schon einige tausend Landminen entfernt hat. Im Museum befinden sich Tafeln mit kleinen Geschichten, die er erlebt hat. Er berichtet, dass er mit 10 Jahren für die Khmer Rouge gegen die Vietnamesen gekämpft hat. Einige Khmer kämpften auch auf Seiten der Vietnamesen und so kam es vor, dass er in der Nacht seine alten Freunde bei der Jagd nach Essen im Dschungel traf und sie zusammen spielten. Am nächsten Tag versuchten sie sich dann gegenseitig umzubringen.
Zu einem späteren Zeitpunkt wechselte er zur vietnamesischen Armee und erkannte eines Tages an der Front seinen Onkel, der auf der Seite der Khmer Rouge schoss und auf ihn zielte. So duckte er sich und tat so, als würde er seinen Onkel verfehlen. Sein Kamerad fragte ihn, warum er heute nicht treffsicher ist. so wie sonst, worauf er Kopfschmerzen vortäuschte.  
Das Museum hat eindrucksvoll gezeigt wie viele verschiedene Arten von Landminen es gibt, wo sie in Kambodscha liegen, wie sie dort hingekommen sind und was für Unfälle durch sie geschehen können.
Als ich um 17.30 Uhr vom Minibus nach Phnom Penh abgeholt werde, sitzt mir ein 22jähriger Kambodschaner gegenüber und fängt sofort ein Gespräch an. Dabei erzählt er mehr, als zu fragen. Er arbeitet für das Deutsche Rote Kreuz in Siem Reap und muss wegen seiner Abschlussprüfung nach Phnom Penh fahren.  
Der Minibus wirft uns an der zentralen Bushaltestelle raus, an der wir in den Reisebus umsteigen müssen. Wie der Zufall so will, haben wir die Sitze 35 und 36. Er fragt mich, was ich für den Bs bezahlt habe und sagt, dass es für ihn auch 5$ waren. Wow, da wurde ich ein Mal nicht abgezockt. Er fragt mich, ob 5$ viel für mich sind. Ich sage „nein“. 4€ für eine sechsstündige Busfahrt (aus der natürlich 8 h werden) ist eher spottbillig. Das sage ich aber nicht.
Dann hole ich meinen Laptop raus, um mein Tagebuch zu schreiben. Er möchte wissen, wie viel ich dafür bezahlt habe. „Ich weiß es nicht, es gehört meiner Mutter“ sage ich. Die gleiche Frage kommt bei meinem IPod und meinem Handy. Das ist irgendwie unangenehm. Meine Kamera lass ich lieber in der Tasche. Mir ist noch nie bewusst gewesen, dass Touristen die ich durch die Straßen laufen und mit für uns ganz alltäglichen Handlungen, ihren Reichtum demonstrieren. Das muss ziemlich unangenehm für die meisten Khmer sein, die nicht im Besitz dieser Dinge sind.
Mein 22-jähriger Sitznachbar möchte auf jeden Fall eines Tages viel Geld verdienen, um sich auch diese Dinge kaufen zu können. Dafür studiert er und macht einen überaus ehrgeizigen Eindruck. Er sagt, eine Freundin kann er sich erst mit 26 leisten. Schließlich hat er noch 4 Jahre Studium vor sich und währenddessen kann er sich auf nichts anderes konzentrieren.
Die Khmer sind auf jeden Fall ein sehr redseliges Volk und stets zu einem Pläuschchen aufgelegt. Er hört irgendwie gar nicht auf zu brabbeln und ich muss demonstrativ gähnen, meine Ohrstöpsel in die Ohren stecken und die Augen schließen, um ihm zu signalisieren, dass ich nun schlafen möchte.
Der Bus kommt in der frühen Nacht in Phnom Penh an. Der Motorbike-Fahrer fährt mich durch die dunklen menschenleeren Straßen auf der Suche nach dem 88 Backpacker Hostel, in dem ich eine Reservierung habe. Als wir ankommen sind die Tore schon geschlossen und ein Wachmann sitzt mit Funkgerät vorm Eingang. Über Einbrecher muss ich mir hier keine Sorgen machen.


Phnom Penh

08.01.2012, Sonntag – 88 Backpackers, Phnom Penh
Pnohm Penh – Arm und Reich ist nirgendwo so nah
In keinem anderen Land fällt mir der Unterschied zwischen Arm und Reich so stark auf, wie in Kambodscha. In den Straßen laufen Kinder mit dreckigen Gesichtern, zerzausten Haaren und wirrem Blick. Ihre Kleider sind voller Löcher. Schuhe haben sie nicht. Einige betteln. Ich gebe ihnen meine Dose Cola anstatt Geld. So ist die Chance, dass sie anstatt der Mafia etwas davon haben, wenigstens größer als bei Dollar-Spenden.
Die meisten Kids sammeln allerdings den Müll in den Straßen ein und trauen sich nicht, Fremde anzusprechen. Wie die Pfandsammler in Deutschland haben sie es vor allem auf Plastikflaschen abgesehen, die sie weiterverkaufen können. Sie ziehen riesige Schubkarren aus Stahl hinter sich her, auf die man sicher 10 deutsche Mülltonnen stellen könnte. Einen dieser Karren sehe ich vor dem 5 Sterne Raffles Hotel. Das ist ein unglaublich absurdes Bild. Vor den Luxushotels stehen Luxuswagen und auch auf den Straßen, die wie der Monivong Blv., riesig breit sind, fahren Mercedes und Jeep. Auf den Bürgersteigen wiederrum sitzen Greise in Rollstühlen und betteln um Geld. Ihre Arme und/oder Beine fehlen, wahrscheinlich aufgrund eines Minenunglücks. An diesen Kontrast muss ich mich definitiv gewöhnen.
Pnohm Penh ist mit 2 Millionen Einwohnern die Hauptstadt von Kambodscha. Die Touri-Attraktionen liegen praktischer Weise alle relativ nah beieinander. So entschloss ich mich, die im Lonely Planet abgedruckte Walking Tour zu machen. Das ist ein Vorschlag der Autoren für einen Spaziergang, der die wesentlichen Sehenswürdigkeiten abdeckt.
Alle Straßen in Phnom Penh haben Nummern, die von Norden nach Süden zunehmen. Das macht mir das Laufen einfach. Außerdem habe ich auch meinen Kompass - / Thermometer-Karabiner von Julia und Fridde an meiner Handtasche und navigiere mich so durch das Zentrum.
Gestartet bin ich am Wat Phnom, einem Tempel, der auf dem einzigen Hügel in Phnom Penh liegt. Die Stadt ist ansonsten so flach, man könnte glatt den Eindruck bekommen, die Erde sei eine Scheibe.
Da ich mir einen Sonntag zur Besichtigung ausgesucht habe, wimmelt es nur so von buddhistischen Besuchern, die für „good luck“ beten. Die Töpfe mit Räucherstäbchen sind voll und auf den Opfertischen türmen sich die Gaben. Sogar ganze Spanferkel werden den Göttern zum Lunch angeboten.
Vor dem Tempel stehen außerdem Kinder, die große Vogelkäfige in der Hand halten. In ihnen schwirren kleine braun-schwarze Vögelchen umher. Ich soll einen von Ihnen für 1 $ kaufen, um ihm seine Freiheit zu schenken. Das Ganze ist natürlich ein Trick, denn die Vögel sind darauf trainiert wieder zu ihrem Käfig zurück zu fliegen. Das kleine Mädchen ist ziemlich beleidigt, dass ich nicht mitspiele.
Ich trage nur ein Sommerkleid, dass Knie und Ellenbogen frei lässt. So traue ich mich nicht ins Innere des Tempels. Schließlich will ich die Gläubigen nicht beleidigen.
Vom Tempel gehe ich zum Psar Thmei, dem Central Market. Dort gibt es wie auf den meisten asiatischen Märkten alles zu kaufen. Die kleinen Boxen, die Kleider verkaufen, stehen direkt neben den Durian Ständen. Wenn die Stinkefrucht ihren Duft in den Kleidern hinterlässt, werd ich hier sicher nichts kaufen. Ich sehe ein weißes Top, das ich sehr gut gebrauchen könnte. Allerdings sind mir 5$ zu viel. Schließlich sind wir hier nicht bei H&M.
Auf dem Marktteil mit den Lebensmitteln entdecke ich wieder neue Schocker. In einer blauen Plastiktüte liegen schlumpfblau gefärbte kleine Hühnchen. Wie kommt das nur zustande? Die Obststände bieten einige Früchte, die ich nicht kenne oder noch nicht probiert habe. Leider kann mir die Verkäuferin nicht den englischen Namen für das große grüne Ding mit den kleinen Noppen sagen. Ich kaufe eine Guave, bin aber vom Geschmack enttäuscht.
Um den größtmöglichen Kontrast zu bekommen, mache ich einen Abstecher in das Sorya Shopping Center. Revlon hat grade eine Promo Aktion und schminkt Frauen umsonst. Die Schlange ist allerdings fürchterlich lang und außerdem ist ein Stadtbummel auch kein angemessener Anlass für ein Profi Make Up. Das Shopping Center verkauft auf 5 Stockwerken alles von Parfüm, Kleidung, Handy und DVDs. Über 3 Stockwerke erstreckt sich ein „BBQ Chicken“. Das ist kein Huhn, sondern eine Fast Food Kette, wie KFC. Ich bin ziemlich schnell gelangweilt und laufe in Richtung Unabhängigkeitsdenkmal.
Auf dem Weg komme ich durch Straßen, in denen sich niedliche kleine Kaffees, wie im belgischen Viertel in Köln aneinanderreihen. Dazwischen finde ich Geschäfte mit Kunsthandwerk und wirklich schöner Mode.
Das Unabhängigkeitsdenkmal, dass 1958 als Zeichen der Unabhängigkeit (achwas) von Frankreich errichtet wurde, ist an die Bauten von Angkor Wat angelehnt und steht auf einem Kreisel. „Aha, schön“ denke ich und beschließe mir nicht die Mühe zu machen Slalom durch die Motorbikes und Autos zu laufen. In Cambodia gibt es definitiv mehr Autos als im Motorbike-Land Vietnam.
Am Royal Palace erfahre ich, dass ich nicht dem Dresscode entspreche. Für 5 $ kann ich mir eine lange Hose und ein langärmliges T Shirt kaufen. Ich nehme das als Zeichen und beschließe mir den Palast nicht anzuschauen.
Stattdessen gehe ich ins Nationalmuseum, in dem verschiedene Skulpturen der Khmer ausgestellt werden. Die Figuren erinnern mich sehr an die in den Tempelanlagen von Angkor und ich drehe nur eine schnelle Runde durchs Museum. Same same but different. Diese 3 $ hätte ich mir also sparen können.
Das ganze Rumlaufen hat mich hungrig gemacht. Auf dem Weg zur Promenade des Tonle Sap Flusses finde ich ein Restaurant, das für 2,50 $ Beef Pho, also vietnamesische Rindfleisch-Nudel-Suppe, anbietet. Da mich die kambodschanische Küche bisher nicht überzeugt hat, falle ich in alte Vietnamtradition zurück und schlürfe die heiße Brühe, die einfach köstlich schmeckt.
Auf meinem Rückweg zum Hostel möchte ich eigentlich bei den blinden Masseuren für eine Massage anhalten, die im Lonely Planet empfohlen werden. Auf der Straße reihen sich allerdings 5 Massagesalons aneinander und ich kann auf die Schnelle nicht erkennen, welcher der richtige ist. Dabei hindern mich auch mindestens 5 Männer und Frauen, die auf mich zugerannt kommen und „Hallo, Lady, Massage !?!?“ rufen. Das ist tierisch nervig und so lehne ich dankend ab und gehe mit verspanntem Rücken weiter.
Generell ist Phnom Penh die Stadt, in der ich am meisten von irgendwelchen Leuten angesprochen werde. Vor allem die Tuk Tuk- und Motorbike-Fahrer sind unglaublich aufdringlich und alle 5 Minuten will mich jemand vom Laufen abhalten. Ich bin kurz davor mir die Stöpsel meines IPods in die Ohren zu stecken.
Zurück im Hostel treffe ich auf Jeanette aus Saarlouis, die Weihnachten in Melaka verbracht hat und sich von einer Künstlerin dort ein Tattoo hat stechen lassen. Der Vogel auf ihrer Schulter ist das erste farbige Tattoo, das mir gefällt. Sie reist gleich weiter nach Sihanoukville. Ich habe einen Bus für 17.30 Uhr für morgen nach Sihanouk gebucht. Es wird Zeit, dass ich wieder an den Strand komme. Große Städte gibt es in Deutschland ja genug.
Mein Hostel ist sehr modern und sauber. Ich hab mich hauptsächlich aufgrund des Swimming Pools dafür entschieden, hier einzuchecken. Allerdings musste ich heute Morgen feststellen, dass dieser im Schatten liegt. Und es gibt nicht ein Mal Liegen, auf denen ich’s mir bequem machen kann. Dafür ist das Hostelrestaurant direkt nebenan. Die Vorstellung, dass mir andere Backpacker beim Schwimmen zusehen, während sie ihren Burger verdrücken, ist nicht so prickelnd. Das sehen anscheinend viele so, denn niemand geht Schwimmen. Ich schlafe mit 5 weiteren Mädels (eine davon hat graue Haare und ‘ne Nickelbrille, ich schätze sie auf min. 50 Jahre) in einem Dorm. Sylvia, eine Schwedin erzählt mir, dass sie morgen mit ihrer Freundin zu den Killing Fields fahren möchte. Da schließe ich mich gerne an.
Abends ruft mich Mathieu an. Er langweilt sich auf seiner einsamen Insel Ko Chang zu Tode. Auch wenn er mit seinem Freund Aleph unterwegs ist. Ich freue mich, als er mir sagt, dass er am 12.01. nach Kambodscha kommen wird.


09.01.2011, Montag – 88 Backpackers, Phnom Penh
Das Grauen von Pol Pot
3 Millionen Menschen starben unter der Herrschaft von Pol Pot zwischen 1970 und 1975. Die Khmer Rouge hatten das Ziel, alle Intellektuellen auszurotten, da ihr paranoider Herrscher meinte, dass die Bauern und Arbeiter das „wirkliche Volk“ seien. Ein simples Körpermerkmal wie „weiche Hände“ reichte schon aus, um das Todesurteil zu erlangen. In nur 3 Tagen wurde ganz Phnom Penh, in dem heute 2 Millionen Menschen leben, zwangsevakuiert und aufs Land zur Zwangsarbeit geschickt.
Viele der Städter hatten keine Ahnung von der Landarbeit und verendeten in den ersten Wochen. Pol Pot schaffte es tatsächlich vor nur knapp 40 Jahren die komplette Akademikerschicht zu ermorden. Aber nicht nur Akademiker vielen ihm zum Opfer. Teilweise ließ er auch Bauern umbringen, obwohl die doch eigentlich nach seiner Ansicht das Volk von Kambodscha darstellen sollten.
Er ließ Kleinkinder und sogar Babys töten, damit diese zu einem späteren Zeitpunkt nicht auf die Idee kamen, sich für den Tod ihrer Eltern zu rechen. Wie die Nazis im zweiten Weltkrieg wurde jede Gefangenschaft und jede Hinrichtung kleinlich dokumentiert. Die Fotos einiger Insassen konnten wir uns heute im S21 Gefängnis im Zentrum von Phnom Penh anschauen. Dorthin bin ich im Tuk Tuk mit den zwei Schwedinnen Silvia und Ingrid aus meinem Dorm gefahren.
In den Augen vieler Fotografierter ist blanker Horror zu erkennen. Einige sind hasserfüllt und wütend. Andere wiederum sehen gleichgültig aus. Ich kann mir nicht vorstellen, welche Gedanken in einem Menschen vorgehen, wenn er realisiert, dass sein zukünftiger Mörder gerade das letzte Bild seines lebendigen Gesichts schießt.
Das Gefängnis besteht aus 4 Gebäuden. In der Mitte befindet sich ein Innenhof. Vor der Schreckensherrschaft war dies eine Schule. Im Hof stehen auch heute noch Turnstangen, die von den Khmern zu Folterzwecken genutzt wurden.
Die ehemaligen Klassenräume wurden zu Zellen umfunktioniert. An den Wänden hängen noch die grünen Tafeln. Der Boden ist mit gelben und weißen Fliesen ausgelegt. Ein typischer Schulboden, wie ich finde. Als Erinnerung steht in jedem Klassenzimmer ein metallenes Bett. Das Lattenrost besteht aus einem Metallgitter. Ein Foto an der Wand zeigt, dass die Gefangenen meist ohne Unterlage auf diesem Gitter lagen. Auf einigen Bildern sind Blutlachen und Folterwerkzeuge zu sehen. Ich bin wirklich froh, dass die Bilder schwarz-weiß sind. Wären sie in Farbe, könnte ich sie mir wahrscheinlich gar nicht ansehen.
Einige Klassenräume sind zu normalen Zellen umgebaut. Dafür wurden entweder einfache Mauern hochgezogen oder Holzverschläge aufgebaut. Sie erinnern mich eher an Viehkäfige. Ein gesunder Mensch, der über seine volle Körperkraft verfügt, könnte hier schnell entfliehen. In geschwächter, gefolterter, hungernder Mensch ist wahrscheinlich nicht mal in der Lage, sich in der Zelle aufzurichten.
Insgesamt haben nur 7 Insassen überlebt. Sie waren allesamt Künstler und haben in ihren Bildern, Fotos etc. verarbeitet, was sie im S21 erlebten.
Das Regime der Khmer wurde zwar 1975 beendet. Jedoch war die Herrschaft von Pol Pot erst 1994 zu Ende. Er selbst ist 1998 im Exil gestorben. Der Prozess gegen die 4 anderen Hauptverantwortlichen begann erst in 2007 und wird, soweit ich das verstanden habe, noch immer geführt. Sie leugnen, für die Schreckenstaten verantwortlich zu sein. Ich frage mich, woher ein Anwalt die Motivation nimmt, jene Schwerverbrecher zu verteidigen.
Wenn die Insassen des Gefängnisses hingerichtet werden sollten, wurden sie in die 15 km entfernten Killing Fields gebracht. Diese haben wir am Morgen besichtigt. Wenn ich nicht wüsste, was an diesem Ort vorgefallen ist, würde ich mich hier glatt ins Gras legen und ein Picknick veranstalten. Eine grüne Wiese ist von Bäumen umsäumt. Ein kleiner sandiger Pfad führt über das Gelände, auf dem eine riesige Stupa errichtet ist, die in gelb und blau strahlt. In einem See werfen die Fische Luftblasen. Bei genauerem Betrachten stelle ich fest, dass die Wiese voller grasbewachsener Kuhlen ist. Als ob hier jemand vor einigen Jahren ein Loch gegraben hat. Genau das ist der Fall. Allerdings handelt es sich bei den Löchern um Massengräber, von denen es hier um die 50 gibt. Und in der Stupa ist ein meterhoher Glaskasten mit 17 Etagen. Die ersten 9 sind komplett mit Totenschädeln gefüllt. Die oberen 8 beinhalten andere Knochen. Um etwas mehr Licht in die Szenerie zu bringen, erhalten wir einen Audioguide, der uns 1 ½ Stunden über verschiedene Stationen auf dem Gelände führt.
Die Khmer waren ein recht armes Militär. Sie besaßen keine Gewehre oder Pistolen. Stattdessen richteten sie ihre Opfer mit Bambusrohren, Spaten, Fahrzeugachsen, Messern und Macheten hin. Am schrecklichsten finde ich einen Baum, gegen den Kleinkinder und Babys geschleudert wurden, um sie zu töten. Der Mann, der diesen Baum nach dem Ende der Schreckensherrschaft entdeckt hat, berichtet, dass der Stamm voller Blut, Gehirn und Kleiderreste war.
Um die Schreie der Opfer, die meist bei Nacht hingerichtet wurden, zu übertönen, wurde laute Musik gespielt und der Motor eines Dieseltraktors laufen gelassen.
Viele der Frauen, die in den Gräbern gefunden wurden, wurden vor ihrer Hinrichtung vergewaltigt. Im Gegensatz zu den männlichen Leichen, trugen sie nur selten Kleider am Leib.
Die Wissenschaftler konnten bisher nicht alle Skelette bergen. So kommt es vor, dass auch heute z.B. nach einem starken Regenfall oder einer Überflutung Knochenteile und Kleiderreste an der Oberfläche auftauchen. Wir finden zum Glück nichts. Bei täglich 500 Besuchern ist das allerdings auch unwahrscheinlich.
Der Besuch der Killing Fields war sehr bewegend und  trägt sicherlich zu meinem Verständnis des Lands Kambodscha und dessen Einwohner bei. Wenn ich es mit dem War Remnants Museum und den Bildern des Vietnamkriegs, insbesondere der Opfern von Agent Orange vergleiche, muss ich sagen, dass mich letzteres tiefer berührt hat. Ich glaube, das liegt an den Fotos, die mehr und detailgetreueren Horror zeigen. Dennoch sind beide Ereignisse unvorstellbar grausam.
Sylvia und Ingrid wollen sich noch den Royal Palace anschauen. Ich lasse mich vom Tuk Tuk Fahrer am Hostel absetzen. Schließlich möchte ich meinen Pick Up für den Bus nach Sihanoukville nicht verpassen. Im Hostel kostet eine Nudelsuppe 3,50 $. Das ist mir zu viel. Stattdessen gehe ich auf den Markt, der gleich neben dem Hostel in einer Seitenstraße stattfindet. Für nur 1000 Riel (0,20 €) bekomme ich hier einen Bambussprossensalat mit Reis.
Jetzt sitze ich im Bus, der angeblich in 4 h in Sihanoukville ankommen soll. Auf der anderen Seite des Gangs grinst mich ein kleines Mädchen mit silbernen Plastiksandalen und einem rosa T-Shirt an. In der Hand hält sie eine Tüte mit einer Dose Chips. „Hello, how are you?“, sagt sie zu mir.
Wow, das kleine Mädchen, dass wie 4 Jahre alt aussieht, kann schon Englisch sprechen!?! Ich frage sie, wie sie heißt und sie nennt mir ihren Namen, der sich wie Alana anhört. Die Frage, ob sie allein hier ist, versteht sie nicht. Dann kommt schon ihr Onkel, der gerade noch ein Pläuschchen mit dem Busfahrer hält, und erklärt mir, dass sie die sechsjährige Tochter seiner Schwester ist.
Ich lobe seine Nichte für ihr schon recht gutes Englisch. Alana geht auf eine private Grundschule, für die ihre Eltern 8 $ im Monat bezahlen müssen. Mit 5 ½ Jahren hat sie schon begonnen, Englisch zu lernen. Ich war fast doppelt so alt, als ich meine erste Englischstunde hatte. Und in ihrem Alter lernt sie ja noch viel schneller. Wenn Alana 11 ist, spricht sie wahrscheinlich genauso gut, wie ich jetzt.
Wie in Vietnam sprechen viele Kambodschanische Kinder sehr früh Englisch. Es ist sicherlich sehr wichtig für sie, um später ihre beruflichen Chancen zu erhöhen. Ich habe zuhause kaum Kontakt zu 6jährigen, aber ich glaube Deutsche Kinder sind in dem Alter noch nicht so fit.


Sihanoukville

10.01.2012, Dienstag – Mohachai Bungalows, Sihanoukville
Bin ich am Strand oder in einem Restaurant?
Gestern Abend kam der Bus um 23 Uhr in Sihanoukville an. An der Bushaltestelle fragte mich ein ca. 21 jähriger Typ mit Leinenhose, weitem grauen Top, langen filzigen Wuschelhaaren und Gitarrenkoffer, ob ich schon eine Unterkunft habe. Ich hatte mir vorher ein Zimmer in einem im Lonely Planet empfohlenen Hotel mit zwei Betten für 10$ die Nacht reserviert und fragte ihn, ob wir es uns teilen wollen. Im gleichen Moment wurde mir bewusst, dass ich diesen Typen ja gar nicht kenne und die Tatsache, dass er ein Hippie ist, nicht garantiert, dass er mir nachts nicht mein Portemonnaie ausräumt. Das wäre ein hoher Preis dafür, dass das Hotelzimmer billiger wird. Naja, zu spät, er stimmte zu und für 1$ brachten uns die Motorbikes zum Shoun Penh Guesthouse, dass einfach aber sauber war.
Charly kommt aus Brisbane und wundert sich, wie ich es dort damals eine Woche lang ausgehalten habe. Er ist von der Sorte „superalternativ“, die Sorte, die sich als ganz tolerant darstellt und dabei nicht merkt, dass sie nur Ihresgleichen tolerieren. Für mein Souvenir T-Shirt aus Australien mit der Aufschrift „Slap the Goon“ (womit der Billigwein aus Kanistern gemeint ist) hatte er nur ein abwertendes „Oh Gott“ übrig.
Wir werden keine dicken Freunde. Aber das macht nichts, schließlich ist der Grund unserer Gesellschaft nur 5$ zu sparen. Heute Morgen verabschiedeten wir uns, ohne Facebook Kontakte auszutauschen, und ich machte mich auf die Suche nach einer günstigeren und zentraleren Unterkunft.
Nun bin ich für 8$ in meinem eigenen kleinen Bungalow, der nur 30 statt 300 m vom Strand entfernt ist. Beide Unterkünfte haben übrigens WiFi aber keine warme Dusche. Prioritäten in Asien werden eben anders gesetzt.
In Sihanoukville bin ich am Strandabschnitt Serendipidy, der relativ klein ist. Hier landen alle Backpacker, da das Utopia, Big Easy und Monkey Republic die einzigen Hostels in Sihanouk sind. Es gibt im Prinzip nur 4 große Straßen, die alle relativ langweilig sind: Guesthouse neben Minimarket neben Reisebüro neben Restaurant neben Internetcafé. Der Strand ist auch ziemlich schmal und man muss sich auf eine Liege oder einem Sessel, der zum Restaurant an der Promenade gehört, niederlassen und dafür natürlich dort was kaufen. Ich vermisse den abgeschiedenen Strand von Ton Sai und Chuloklam in Thailand. Es geht doch nichts über Thailand.
Dafür ist die Sonne in Kambodscha irgendwie stärker. Schon nach einem Nachmittag bin ich so braun wie noch nie. Ich hab mich nicht eingecremt, da es etwas bewölkt war und jetzt sehe ich aus wie ein Schokokuss.
So viele Strandhändler wie in Sihanoukville habe ich noch in keinem Land gesehen. Erschreckender Weise sind viele von ihnen noch nicht Mal in der Pubertät. Und solange die Touris von ihnen Armreifen, Sonnenbrillen oder Obst kaufen, werden ihre Eltern sie nicht zur Schule schicken. Dabei bin ich mir nicht ein Mal sicher, ob sie für die Familienkasse oder für eine Art Mafiaorganisation arbeiten. Beides ist möglich.
Neben den Händlern, wird der Strand von Bar- und Restaurantpromotern regiert. Am Ende des Tages habe ich einen ganzen Haufen Flyer. In der JJ’s Bar sowie im Dolphin Shak gibt’s zwischen 9 und 10 ein Freigetränk und ein Glas Bier kostet nur 0,25 Cent. Danach ist dann Mojito Happy Hour usw. Im Big Easy wird Live Musik gespielt und im Seaview Restaurant gibt’s zwischen 17.00 und 18.30 Uhr zwei Vorspeisen und zwei Hauptgänge für 10$.
Mit dem Geld, das für die Flyerproduktion ausgegeben wird, könnte man sicher einige Portionen Fried Rice für die bettelnden Kinder am Strand kaufen. Diese sind herzerweichend und schauen mich mit großen Kulleraugen an. Sie fragen nach leeren Plastikflaschen, Geld oder nach „Mjiam Mijam“, womit sie etwas zu Essen meinen. Wenn etwas von meiner Riesen Obsttüte übrig bleibt, gebe ich es ihnen gerne.
Neben den bettelnden Kindern robbt ein Mann mit einem amputierten Bein durch den Sand. Er hievt sich auf seinen Händen voran, die er mit einem weißen und einem schwarzen Flip Flop vor dem reibenden Sand schützt und bettelt nach Geld.
Das Selbe gilt für einen Krüppel, der von einem gesunden Mann auf einem Karren an der Promenade entlang geschoben wird. Er ist in einer Embryo-artigen Haltung liegend auf dem Karren festgebunden und starrt die Menschen an. Mir tut es schrecklich leid, dass die Armut Menschen dazu zwingt, sich so weit zu erniedrigen.
Die dritten Bettler, die am Strand entlang laufen, sind ein blinder Vater mit seiner sehenden etwa 9-jährigen Tochter. Hat eine ein Meter lange Stange auf die Schulter seiner Tochter gelegt und weiß so, wann er ihr wohin folgen muss. Er singt ein Lied in Khmer und seine Tochter stoppt an jeder Liege, um nach Geld zu fragen.
Dieser Zirkus, der hier am Serendipidy Beach geboten wird, macht das Sonnenbaden teilweise zu einem Nerven aufreibenden Geschehen und ich stelle mich nicht nur ein Mal schlafend.

Abends gibt es ein freudiges Wiedersehen mit Steph. Sie hat gerade Besuch von ihrem Freund James und ich habe fast das Gefühl ihn zu kennen, auch wenn ich ihn gerade zum ersten Mal sehe. Schließlich hat Steph so viel von ihm erzählt und ich hab einige Telefonate mitgehört.
Wir gehen an den Strand und setzten uns in eins der Restaurants, das BBQ für 3$ anbietet. Dabei kann man sich drei Stücke Fisch, Tintenfisch, Garnele, Hähnchen, Schwein oder Rind aussuchen und bekommt Reis, Fritten oder Knoblauchbrot und Salat dazu. Dieser Preis ist unschlagbar. Wir sitzen den ganzen Abend in der Bar und quatschen über die Erlebnisse, die zwischen unserer gemeinsamen Zeit auf Koh Phangan und dem heutigen Tag geschehen sind.


11.01.2012, Mohachai Bungalows, Sihanoukville
Faul sein
Mein heutiger Tagesinhalt bestand aus faul in der Sonne liegen, lesen und frisch geschältes Obst von den Strandverkäufern essen. Entspannter geht es kaum.
Abends traf ich Jeanette, der ich ja kurz im Hostel in Phnom Penh begegnet bin. Sie lernte im Bus drei Australier aus Brisbane kennen und wir aßen zusammen Seafood BBQ. Die drei Aussies Tom, Ben und Andrew haben grad einen kleinen Semesterbreak und reisen für 3 Wochen durch Kambodscha und Laos. Als sie aus den Korbstühlen am Strand aufstehen, habe ich das Gefühl, von Riesen umgeben zu sein. Sie verraten mir, dass sie nicht nur Studenten sondern auch Profibasketballer sind. Das erklärt einiges.
Wir machen uns auf den Weg ins JJ’s, um unsere Freigetränk-Flyer einzulösen. Auf dem Weg treffen wir Sylvia, Ingrid und ihre Freundin Lili. Die Backpackerwelt ist klein und so habe nicht nur ich sondern auch Jeanette die beiden im Hostel in Phnom Penh kennen gelernt. Sie kommen mit uns ins JJ’s. Ben wettet, dass er so hoch springen kann, dass er mit dem Kopf einen Balken an der Decke erreichen kann. Die Decke sieht super hoch aus, aber er schafft er natürlich. Kann man das jetzt Kopfleger nennen?


12.01.2012, Mittwoch, Moha Cai Guesthouse, Sihanoukville
Reunion mit Mat
Heute Mittag hole ich Mat von der Bushaltestelle ab. Er kommt von Thailand und ist ziemlich gerädert. Wir legen uns an den Strand und kaufen für 2$ 10 gegrillte Tintenfische am Spieß von einer der Frauen, die einen mobilen Grill an einer Stange über ihrer Schulter trägt. Das Fleisch ist super zart!
Dann müssen wir die Langusten probieren. Der Preis und die Menge sind die gleichen. Sie sind allerdings in einem orangen Teig frittiert. Die Khmer Frau pellt die obere Schicht der Schale ab, bestreicht das Fleisch mit einer Limette und streut eine Salz-Pfeffer-Mischung drauf. Mhm, das ist so aromatisch. Unglaublich, Sihanoukville ist das absolute Schlemmerparadies.
Abends geht es weiter mit Seafood BBQ mit den Mädels und Aussie-Jungs. Der Tintenfisch, der hier übrigens als Ganzes und nicht als frittierter Calamaris Ring serviert wird, schmeckt zu gut, um etwas anderes zu essen.
Nach dem Essen geht’s wieder in die JJ’s Bar. Dort gibt es die schnellste Fire Show, die ich je gesehen habe. Ein 19jähriger Junge steht auf einer kleinen Mauer zwischen Promenade und Wasser, dreht sich um seine eigene Achse und schleudert eine an beiden Enden brennende Stange durch die Luft. In Südostasien sieht man ja einige Feuerakrobaten, aber dieser Typ ist unglaublich schnell. Der Feuerstab ist nur als ein rotoranger brennender Kreis in der Luft zu erkennen. Teilweise schleudert er den Stab so schnell umher, dass er in der Luft erlischt. Ich erwische mich, wie ich staunend mit offenem Mund dort sitze und denke: „Der gehört ins Guinness Buch der Weltrekorde oder zumindest ins kambodschanische Wetten Das!?“


13.01.2012, Donnerstag, Mohachai Guesthouse, Sihanoukville
Should I stay or should I go now?
In einer Woche geht mein Flieger nach Deutschland. Theoretisch. Oder praktisch? Ich bin mir nicht so sicher. Reisen ist einfach unglaublich schön. Ich will nicht aufhören. Noch nicht jetzt…
Genau diese Gedanken hatte ich ja vor eineinhalb Monaten schon, als ich mich dazu entschlossen hab, Weihnachten nicht nach Hause sondern nach Thailand zu fliegen.
Außerdem hab ich erst zwei Termine für ein Vorstellungsgespräch und ein Assessment Center. Und wenn ich länger bleiben würde, könnte ich mich an einem Ort wie Chiang Mai aufhalten und von dort aus ganz entspannt Bewerbungen schreiben. Außerdem ist der Januar so ein deprimierender langweiliger Monat, um wieder zu kommen. Der hat gar nichts. Weder Weihnachten, noch Karneval, noch den Frühlingsanfang… fas wie der November, wobei der ja wenigstens noch den Karnevalsbeginn am 11.11. hat.
Und in Pai ist am 28.01. ein Reggaefestival und ich könnte mal eine Woche auf einer Bio-Farm arbeiten. Das hört sich doch gut an, oder? Hört sich natürlich auch überhaupt nicht nach Bewerbungen schreiben an. Ach herrje, irgendwann muss ich ja auch anfangen zu arbeiten. Und das Ende meines Studiums liegt schon Ewigkeiten zurück. 2010, das ist nicht mal mehr „letztes Jahr“. Aber ich war ja auch ein halbes Jahr krank, bevor ich losgereist bin und das zählt ja irgendwie nicht. Oder doch?
Wäre ich doch mal etwas entscheidungsfreudiger.
Ich suche Rat bei Mat: „Ich wollte immer schon mal Myanmar bereisen...“ schlägt er vor und sagt einen Satz später: „Irgendwann musst du dich der Realität stellen und arbeiten“. Na super, der ist mir auch keine richtige Hilfe.
Die Mädels sagen: „ja mach das auf jeden Fall, dann können wir uns in Chiang Mai wieder treffen“.
Ich rufe Mama an und sage ihr, dass ich (glaub ich) länger bleiben will. Sie hat sowas schon irgendwie geahnt. Mütter! Nehmt euch vor ihnen in Acht! Die können immer noch die Gedanken ihrer Kinder lesen, auch wenn diese an einem anderen Ende der Welt sind.
Kurz nach dem Anruf hab ich wieder Zweifel. War das die richtige Entscheidung? Irgendwie fühl ich mich nicht mehr so überzeugt, wie vor dem Telefonat. Ich ruf erst mal noch nicht bei Air Berlin an. Ich hab aber ja auch noch ein paar Tage Zeit zum überlegen.
Wir gehen wieder an den Strand und sonnen uns. Mat holt sich einen tierischen Sonnenbrand und sieht aus wie der Krebs, der am Strand verkauft wird. Diesen haben wir heute probiert. Eine Strandverkäuferin gibt uns für 4$ eine Tüte mit 4 Krebsen. Wir puhlen sie und lutschen das weiße Fleisch aus den Krebszangen. Oh mein Gott. Das schmeckt so köstlich! Ich könnte ewig hier am Strand sitzen und mich nur von den Köstlichkeiten aus dem Kambodschanischen Meer ernähren.
Wir leihen uns ein Motorbike aus und fahren abends auf den Nightmarket in Sihanoukville Town. Bloß wo ist der nur? Irgendwie finden wir ihn nicht. Dafür landen wir auf einem Platz, auf dem eine riesige Bühne von Coca Cola aufgebaut ist. Auf ihr stehen 7 Khmer, die sich auf ihren Auftritt vorbereiten. Sie haben alle Coca Cola Shirts an. Band Sponsoring muss hier wohl ziemlich groß sein.
Wir fragen ein paar jüngere Khmer nach dem Weg zum Night Market. Sie können nicht viel Englisch sprechen und fragen uns stattdessen, ob wir wegen der Musik gekommen sind. Ich wüsste gerne, ob wir es hier mit der Kambodschanischen Ausgabe von Tokio Hotel zu tun haben!?
Dinner finden wir hier allerdings nichts. Deshalb fahren wir zurück und halten an den Essensständen am Golden Lion, dem mit Löwenstatue geschmückten Kreisel in Sihanoukville. Dort gibt es ein paar Straßenrestaurants und wir entdecken eine gegrillte Schlange am Holzspieß. Die fehlt mir noch in meiner „Absurde-Mahlzeiten-Liste“ und wir bestellen zwei Schlangen und zwei Bier. Leider kann ich euch nicht mit einer Ausführung über einen besonders ekeligen Geschmack erfreuen. Die Schlange lag nämlich zu lange auf dem Grill und war einfach nur knusprig bis steinhart. Das Angkor Bier schmeckte dafür gut.
Mit dem Reptil im Bauch gingen wir ins Galaxy Kino. Für 3$ pro Person kann man sich dort einen Saal mieten und einen Film aussuchen. Der „Saal“ ist allerdings nur ein kleines Wohnzimmer mit einem Sofa, zwei Korbsesseln, nem Tisch, Kühlschrank und Toilette. Ah ja und nem Flatscreen plus DVD-Player natürlich. Sonst würde das Ganze ja keinen Sinn machen.
Aus den gefälschten DVDs mit den verblichenen Covern suchten wir uns Snatch aus. Den wollte ich schon immer Mal sehen. Schließlich hör ich dauernd irgendwen (meist männlichen) etwas aus Snatch zitieren und das schon seit Jahren. Naja der Film ist ja auch schon etwas älter. Brad Pitt als tätowierter Schläger-Zigeuner ist zum kaputt lachen. Unglaublich, dass der schmierige Guy Ritchie hier als Produzent am Werk war.


14.01.2012, Freitag, Moha Chai Guesthouse, Sihanoukville
Backpacker haben alle die gleiche Route
Heute gab es mal wieder einen Beweis dafür, dass die Backpackerwelt unglaublich kein ist. Am Strand kam der Belgier Zjef auf uns zu. Ich musste erst ein Mal überlegen, woher ich den kenne. Schließlich war unsere Begegnung auf dem Bootstrip in Halong Bay in Vietnam schon über einen Monat vergangen. Nun ist er grade mit seiner Freundin, die – tadaa – Hanne heißt, in Sihanoukville angekommen. Hanne besucht ihn auf seiner Weltreise und ist im Vergleich zu uns allen weiß wie Schneewittchen.
Neben uns am Strand liegen ein paar dicke weiße Männer, die wir liebevoll „Offs = Old Fat Fucks“ nennen. Sie bekommen im normalen Leben keine Frau ab. Leider tummeln die sich ja gerne in Südostasien und so muss ich auch heute eine nicht ganz schöne Szene miterleben. Eine junge Khmerin liegt neben einem der Offs. Ich beobachte, wie sie sich auf seine Rechnung Drinks bestellt und er auch für ihre Pediküre bezahlt, die sie von der „Strand-Kosmetikerin“ bekommt. Irgendwie streiten sich die beiden, ich kann leider nur die Hälfte mithören. Dann wendet sie sich von ihm ab. Er erhebt sich von seiner Liege und motzt sie an: „Ich hab die Schnauze voll. Immer das gleiche mit dir. Heute Abend kommst du um 18 Uhr in mein Hotel. Ist das klar? 18 Uhr! Zimmer 201! Und wenn du nicht pünktlich bist, dann gibt’s Ärger.“ Sie sagt nichts mehr. Stattdessen schaut sie unglücklich auf ihr Handy, steht auf und geht.“
Mir wird beinah übel. Das ist Fremdschämen pur. Ich schäme mich für die alten dicken weißen Männer, die die Khmer Frauen und viele Südostasiatinnen insgesamt wie ein Stück Fleisch behandeln, dass sie an sich ziehen und fort stoßen können. Es ist traurig, dass die Armut sie zwingt, so ihr Geld zu verdienen.
Zurück im Bungalow muss ich feststellen, dass meine Kamera weg ist. So ein Mist. Ich hatte schon davon gehört, dass in Sihanoukville am Strand viel geklaut wird. Aber ich hab natürlich nicht damit gerechnet, dass mir das passiert. Arrrgg. Ich hab auch eine Vermutung.
Und zwar hab ich ein Bild von Kindern geschossen, die den Männern neben uns Armbänder verkauft haben. Ein Mädel hat daraufhin frech „One Dollar“ verlangt. Ich hab nur gelacht. Und nun kann sie wahrscheinlich mit den Dollar Scheinen um sich schmeißen. Damit liegt die Bilanz nun bei 2 geschrotteten und einer gestohlenen Kamera. Zum Glück hab ich erst gestern die Bilder gesichert. Nun sind mir nur Fotos vom leckeren Krebs und den vermutlich stehlenden Strandkids verloren gegangen.
Keine Kamera ist natürlich ein Grund wieder nach Hause zu fliegen. Schließlich sind Fotos die schönsten Erinnerungen. Ich bin nach wie vor hin und her gerissen und schiebe die Entscheidung immer weiter vor mich her.
Abends kommen Zjef und Hanne zusammen mit dem Ami Steven, den sie im Monkey Republic Hostel kennen gelernt haben, zu unserem Guesthouse. Ich erzähle ihnen von der gestohlenen Kamera und darauf trinken wir erst mal einen Snake Whiskey an der Bar. Das ist Whiskey, in den eine Schlange, manchmal auch ein Skorpion eingelegt ist. Die Tiere geben mit der Zeit ihre Giftstoffe in den Alkohol ab, der dadurch stärker wird und angeblich eine aphrodisierende Wirkung hat. Der Geschmack ist allerdings alles andere als antörnend und wir belassen es bei dem einem Drink.
Der Abend endet wie die bisherigen mit Seafood BBQ am Strand und billigen Drinks im JJ’s.
15.01.2012, Samstag, Mohachai Guesthouse, Sihanoukville
Wenn Mat sich noch einen weiteren Tag in die Sonne legt, hat er bald Verbrennungen ersten Grades. Deshalb lassen wir das heute lieber und gehen zum Brunch ins indische Restaurant. Chicken Korma, Knoblauch Naan Brot und Rajta Dip schmecken vorzüglich. Die Joghurt Gurken Creme könnte er sich fast besser auf die Schultern schmieren, als sie zu essen.
Der indische Restaurantbesitzer ist zu einem Schnack aufgelegt. Er erzählt uns, dass er damals für eine IT Firma gearbeitet hat und so nach Kambodscha kam. Dort verliebte er sich und hat nun zwei Töchter im Vorschulalter, die neben dem Restaurant Springseil hüpfen. Mit den Kindern, die am Strand Armbänder verkaufen, dürfen sie nicht spielen.
Nach dem Essen sind wir so voll, dass wir zum Galaxy „Kino“ rollen und bei Inception die Beine hoch legen.
Um sieben holen wir Hanne, Zjef und Steven am Monkey Republic Hostel ab und gehen zum israelischen Restaurant Loveeat. Hier wollte ich eigentlich schon heute Mittag hin. Aber Mathieu hatte sich geweigert, da seine Oma aus Pakistan stammt und die Israelis grad wieder einige Pakistani umgebracht haben. Mich erschüttert das zwar auch, hält mich aber nicht vom Falafel essen ab. Nun muss er sich der Mehrheit beugen. Allerdings wären wir besser woanders hin gegangen. Die Falafel, Babaganoush und der Döner schmecken alle total fade. Ich vermisse glatt die Seafood der letzten Tage.
Eigentlich wollen wir im JJ’s in Mathieus Geburtstag rein feiern. Allerdings ist der dank Sonnenbrand und Foodpoisoning so K.O., dass wir das Feiern lieber auf morgen verschieben. 


16.01.2012, Sonntag, Mohachai Guesthouse, Sihanoukville
Mat's geburtstag und Otres Beach
Happy Birthday Mathieu! Er wird heute 25. Ich wollte ihm erst einen Sockenkranz schenken, nach guter Ankumer Tradition. Aber zu zweit einen Kranz abtreten ist ganz schön hart. Deshalb hab ich ihm lieber eine 25 aus Oreos und M&Ms gebastelt.
Mit dem Roller fahren wir heute zum Otres Beach. Das ist ein Strandabschnitt, der etwa 5 km östlich von Serendipity Beach liegt. Otres ist definitiv ruhiger und abgeschiedener. Hier gibt es kaum „Offs“ und Kinder, die als Strandverkäufer arbeiten. Wir haben allerdings unsere Handtücher vergessen und setzten uns deshalb nur in ein Restaurant statt an den Strand und ich esse – mal wieder – Seafood. Mat setzt eher auf Baguette mit Schinken und Käse. Er denkt, westliches Essen ist besser für seinen Magen. Sonnenbrand und „Bali Belly“ (also Magenbeschwerden) sind keine guten Voraussetzungen für einen Geburtstag.
Abends treffen wir uns wieder mit Zjef, Hanne und Steven und gehen Pizza essen. Steven erzählt, dass er bzw. seine Eltern Mormonen sind. Er hat 9 Geschwister, von denen schon einige mit 18 geheiratet haben und sehr konservativ in der Mormonen-Gemeinschaft leben. Er sieht die positiven und die negativen Seiten des Mormonentums, erklärt uns, dass Polygamie mittlerweile nicht mehr in ist und Sex vor der Ehe zwar nicht gern gesehen aber toleriert wird. Steven ist ein total netter, witziger, aufgeschlossener Typ mit blonden Strubbelhaaren. Ich hätte ihn nie so religiös eingeschätzt. Reisen ist einfach die beste Methode, um über die Welt kennen zu lernen.


Kampot

17.01.2012, Montag, Kampot Guesthouse, Kampot
Geh dorthin, wo der Pfeffer wächst
Kampot Pfeffer mag einigen kulinarisch Interessierten ein Begriff sein. Diese Delikatesse kommt aus dem Süden von Kambodscha und wurde in den 20er-Jahren von den Franzosen in ihrer Besetzungszeit entdeckt und nach Europa gebracht.
Kampot als Stadt hat seinen ganz eigenen Charme. Die Straßen sind schmal und dreckig. In ihnen spielen Kinder mit strubbeligen Haaren in Unterhosen. Welpen laufen umher und die Fischverkäuferin leert ihren Kübel mit dem nach Fisch riechenden Wasser in den Gulli aus. Die Häuser sind im französischen Kolonialstil gebaut und waren vor einem halben Jahrhundert sicher wunderschön. Heute versprühen sie eine abgewetzte Romantik.
Kampot ist eine kleine Stadt mit ca. 50.000 Einwohnern, in der man alles zu Fuß gut erkunden kann. In der Stadtmitte steht ein Kreisel mit einer riesengroßen braunen Durianskulptur. Diese Stinkefrucht, die ich damals in Singapur probiert habe, wird in Südostasien ja quasi verehrt und ist relativ teuer. Aufgrund ihres Gestanks ist sie in einigen Hotels verboten. Aber deshalb muss man doch nicht gleich einen ganzen Duriankreisel bauen!?
Der Teuk Chou Fluss fließt am Stadtrand entlang und die gemütliche Flusspromenade mit ihren vielen Restaurants lädt zum Sonnenuntergang gucken ein.
Wir kommen erst gegen 3 Uhr nachmittags in Kampot an und checken im Kampot Guesthouse ein. Für die letzten 3 Tage darf es das Zimmer für 12 statt 6$ sein. Das hat Fenster und eine heiße Dusche. Dann kann ich mich schon mal wieder an den deutschen standardmäßigen Luxus gewöhnen.
Ja, ich glaube, ich fliege in 3 Tagen nach Hause. Ich kann mich doch ganz gut mit dem Gedanken anfreunden. Und man soll ja immer gehen, wenn es am schönsten ist.
Wir sitzen den ganzen Nachmittag im Restaurant des Guesthouses und ich schreibe eine Einladung an meine Kölner Freunde, mit denen ich am Samstagabend in Düsseldorf essen gehen möchte und an meine Freunde von zuhause, die ich Sonntag zum Kuchen einlade.
Der Mangosalat mit getrocknetem Fisch und Garnelen ist richtig lecker. Abends ist noch etwas Platz für einen Snack, den wir uns in der Wunderbar gönnen, die von einem Deutschen geführt wird.

18.01.2012, Dienstag, Kampot Guesthouse, Kampot
Reingefallen - Tour zur Bokor Hill Station und Sunset River Cruise
Wenn eine Tour statt 20$ nur noch 10$ kostet, fragt man sich doch, wo der Haken ist. Das fanden wir heute beim Trip in den Bokor National Park, bei dem wir alte Gebäude aus der Zeit der französischen Besetzung besichtigen wollten, heraus. Um 8 Uhr morgens werden wir von einem Minibus abgeholt. Der sammelte noch ein paar weitere Touris auf und steuerte dann direkt auf eine Werkstatt zu. Irgendwas stimmte mit den Bremsen oder den Reifen nicht. Wir warten 45 Minuten, bis die Handwerker alles in Ordnung gebracht hatten.
Dann fahren wir die Straße zum Nationalpark hinauf. Früher wären wir den Bokor Hill hinauf gewandert. Aber da auf dem Berg mittlerweile ein riesiges 3 Sterne Resort gebaut wird und die Wege deshalb frisch geteert sind, fällt der Wanderpart weg.
Oben angekommen halten wir am ehemaligen Königspalast, in dem der König vor 60 Jahren Urlaub gemacht hat. Das Gebäude ist wirklich total verfallen und es ist schwer vorzustellen, dass hier ein Mal ein Staatsoberhaupt seine Freizeit verbracht hat. Es geht weiter zum ehemaligen Casino, in dem sich die Franzosen damals vergnügt haben. Wir können uns das Gemäuer nur von außen angucken, da hunderte von Bauarbeitern, die am Resortbau beteiligt sind, dort mit ihren Familien leben.
Auch die ehemalige Kirche dient als neue Unterkunft für Bauarbeiterfamilien. Wir könnten zwar hinein gehen. Aber es fühlt sich merkwürdig an, bei einer Familie ins Wohnzimmer zu schauen. Deshalb lassen wir das. Wir treffen Hanne und Zjef, die die gleiche Tour über einen anderen Anbieter machen und auch recht enttäuscht sind.
Unser Reiseführer zeigt uns das Suicide Cliff, einen Abhang, von dem sich damals die Menschen gestürzt haben, die im Casino all ihr Geld verloren haben. Das Cliff ist beeindruckend, da der Nebel so dicht ist, dass wir nur 10 Meter tief hinab blicken können.
Wir schauen uns noch einen Tempel an, vor dem sechs kleine Boote platziert sind. Es gibt hier nur einen Affen. Das ist ungewöhnlich. Dafür hat dieser das Aggressionspotenzial von einer ganzen Herde. Er springt mich an und beißt sich in meiner roten Jacke fest. Er hängt sich an meinen Unterarm und ich muss ihn wirklich abschütteln, um ihn los zu werden. Eine ältere Frau aus unserer Gruppe fragt mich, ob ich nicht still halten kann, damit sie ein Foto machen kann. Ich sage ihr, dass das mit diesem Monsteraffen sicher nicht geht und schleuder ihn auf den Booden.
Zum krönenden Abschluss fahren wir noch zu einer Halle, in der ein Model des Tourismus-Projekts ausgestellt ist. Neben dem 3 Sterne Resort soll noch ein 5 Sterne Resort, ein Golfplatz, ein See und eine Siedlung mit Ferienhäusern, die alle gleich aussehen, angelegt werden. Das ist erschreckend. Die Häuschen im Model sehen aus wie in den USA. Eins gleicht dem anderen. Ich glaube nicht, dass die farbenfrohen Khmer so trist wohnen möchten.
Ich frage unseren Guide, was er von dem Projekt hält. Er befürwortet es, da durch die Baumaßnahmen und die späteren Hotelanlagen viele Arbeitsstellen entstehen. Ich kann das gut nachvollziehen. Jedoch würde ich mir etwas Nachhaltigeres wie Eco Tourismus wünschen, bei dem die Natur größtmöglich erhalten wird. Nun fällt ein wunderschöner Nationalpark Baukränen und Baggern zum Opfer.
Nach einer Stunde Busfahrt kommen wir wieder in Kampot an. Viele der Touris sind sichtlich enttäuscht und verweigern sich am letzten Programmpunkt, dem Sunset Cruise, teilzunehmen. Ich denke mir, dass die Bootsfahrt vielleicht noch etwas retten kann und überrede Mathieu in die kleine Holzbaracke zu steigen. Und tatsächlich ist es richtig entspannt bei strahlender Abendsonne über den Fluss zu schippern. Beim Sonnenuntergang kommen wir wieder in Kampot an. Abends essen wir mit Zjef und Hanne in unserem Guesthouse.


Kep

19.01.2012, Mittwoch, Kampot Guesthouse, Kampot
Eating Crab in Kep
Ich weiß, ich hab in den letzten Tagen so viel über die köstliche Seafood geschrieben. Aber heute hab ich wirklich die beste Seafood meines Lebens gegessen. Bisher waren alles nur 1-2 Sterne Essen. Jetzt in Kep vergebe ich definitiv 3 Sterne und zwar für Krebs in Chili-Limetten-Soße und Mantarochen in Kokos-Pfeffer-Soße. Mijam Mijam. Das ist alles so frisch und aromatisch. In der Pfeffersoße sind nicht einzelne Körner sonder ganze grüne Pfeffer-Reben. Der Pfeffer ist noch jung und knackig, sodass man die ganze Rebe essen kann. Hm, meine Geschmacksnerven beschließen, dass sie hier nie wieder weg wollen!
Wir essen in einem Restaurant, dessen Terrasse direkt über dem Meer schwebt. Gerade ist Ebbe und die Fischer stehen auf kleinen Felsen, die nass in der Sonne glitzern. Longtailboote liegen etwas weiter entfernt im Wasser. Die Aussicht ist malerisch und könnte das Essen nicht besser abrunden.
Das Restaurant liegt in einer Reihe mit vielen anderen, was der „Crab Market“ von Kep genannt wird. Kep ist eine kleine verschlafene Fischerstadt, die 30 km von Kampot entfernt liegt. Es gibt einige Bungalows und einen Strandabschnitt. Wer es sich mal so richtig gut gehen lassen möchte und einfach nur in der Sonne brutzeln und seinen gebräunten Bauch mit Köstlichkeiten aus dem Meer verwöhnen möchte, der muss nach Kep!
Die Straße zwischen Kep und Kampot trägt zwar den Namen Highway 48, für mich sieht sie allerdings eher wie ein Feldweg aus, den wir uns mit einem Schwarm Roller, ein paar Minibussen, Pick Ups und Kuhherden teilen. Ich guck lieber nach rechts und links als nach vorne. Wenn ich sehe, welche Schlaglöcher auf mich zukommen, dann denk ich, ich muss im nächsten Augenblick von der Welt. Auf dem Hinweg kommt uns eine Kolonne von dunklen Fahrzeugen entgegen. Das erste ist ein Pick Up, auf dessen Tragfläche fünf Polizisten hocken. Sie winken uns mit Gummiknüppeln und signalisieren, dass wir am Straßenrand anhalten sollen. Dann folgen vier Limousinen mit orangenen Kennzeichen. „Das sind Politiker“ erklärt mir Mathieu. Wenn die kommen, muss jeder anhalten. Ich frage mich, ob die Politiker mit Stolz oder Scham auf ihren Highway 48 schauen, der sicher schon 48 Schlaglöcher auf 100 Metern hat.
Abends zurück in Kampot trinken wir einen Drink auf unseren letzten Abend in der Wunderbar und genießen den Sonnenuntergang über dem Fluss.
Anschließend gehen wir zur Blinden Massage. Die Masseure können, wie der Name ja schon verrät, nicht sehen. Dafür ist ihr Tastsinn übernatürlich ausgeprägt und ich hatte hier definitiv die beste Massage meiner ganzen Reise. In einer Stunde wurde mein Rücken, meine Arme, Beine und mein Kopf wunderbar durchgeknetet. Ich fühlte mich definitiv wie ein neuer Mensch, bezahlte die 4$ und gab dem Masseur noch 1$ Trinkgeld für diese Meisterlistung.
Gerade, als wir zurück fahren wollten, fing es in Stürmen an zu Regnen. So blieb uns nur die Flucht zurück in die Wunderbar. Bei einer Partie Manilla warten wir auf das Schauerende.
Im Hotel fange ich an, meinen Rucksack zu packen und werde ganz traurig. Ich möchte noch nicht zurück. Aber jetzt ist es zu spät und ich glaube ehrlich gesagt, dass ich nie den Zeitpunkt finde, an dem ich das Ende der Reise herbei sehnen würde.


Bangkok

20. & 21. 01.2012, Air Berlin Flug 7PRXQ von Bangkok nach Düsseldorf
One night in Bangkok und gemischte Gefühle im Flugzeug
Es gibt dicke weiße Papierhandtücher, die ich ohne schlechtes Gewissen ins Klo werfen darf. Meine Hände wasche ich mir mit Seife und warmem Wasser.
Zum Mittagessen gibt es geschmackloses Bohnen-Möhren-Gemüse mit Hähnchen. Nur der mit Ei gebratene Reis erinnert and Südostasien. Alles andere signalisiert mir deutlich: du bist im Flugzeug einer deutschen Airline und bald bist du wieder in Deutschland.
Vorfreude? Fehlanzeige! Ich bin traurig, dass meine Reise zu Ende ist und dass ich die wundervollen Länder mit den dünnen winzigen rosa Papierservietten, den Loch-im-Boden-Klos und dem ständigen Wunsch nach Handdesinfektionsmittel verlassen muss. Ich vermisse Seafood, einen fruchtig-scharfen Papaya Salat und Klebreis. Dabei hatte ich meine letzte Portion vor nicht ein Mal 24 Stunden.
Mein Konto hätte mir theoretisch erlaubt noch etwas länger zu bleiben. Und Reiseziele gibt es genug. Teilweise bereue ich, dass ich meinen Flug nicht umgebucht habe. Auf der anderen Seite meldet sich das schlechte Gewissen, das sagt, dass es Zeit ist, das seriöse Arbeitsleben zu beginnen. Außerdem kann ich meine verbliebenen Ersparnisse gut für meine neue Wohnung und eine Business Garderobe gebrauchen.
Hin oder Her. Ich glaube, ich würde zu keinem Zeitpunkt ohne ein trauriges Abschiedsgefühl nach Hause fliegen.
Gut, dass am Flughafen meine Eltern und meine Kölner Freunde auf mich warten, um mich in ein Düsseldorfer Schnitzelrestaurant zu entführen. Und gut, dass morgen meine Freunde aus der Heimat vorbei schauen und ich mit ihnen Kuchen und Kaffee verzehren kann. Ich brauche definitiv ein ordentliches Ablenkungsmanöver, um über das Loch der nächsten Tage zu kommen.
Gestern Abend in Bangkok hat mich das spontane Zusammentreffen mit dem Amerikaner Steve vor einem Sumpf aus Trauer und Melancholie gerettet. Ihn traf ich, als ich gerade die ersten Meter der Khao San Road erkundete und entschloss mich spontan, das Souvenirshopping auf später zu verschieben.
Er war mit einer Handvoll Backpacker aus seinem Hostel unterwegs und wir gingen gemeinsam über die Straße, auf der man alles kaufen kann. Von gegrilltem Skorpion über Armbänder mit der Neonaufschrift „I love Ladyboys“ bis zu hübschen Kleidchen, Würstchen am Spieß und lebendigen Hasen.
Weniger Minuten später saßen wir vor einem Irish Pub, der in Disolautstärke Rihanna und Kid Cudi spielte. Ein australisches Mädel bestellte einen Bier Tower, einen großen Plastikzylinder mit 5 Litern Bier, das man sich frisch in die Gläser zapfen kann, und eine Schischa. Steven und ich spielten Nationen-Raten und tippten, woher unsere Sitznachbarn stammen. Beim Nachfragen mussten wir meistens feststellen, dass wir komplett danebenliegen. Dafür sind wir an diesem Abend mit Holländern, Italienern, Südkoreanern und Engländern ins Gespräch gekommen
Zwei Tower später beschloss ich, dass es Zeit zum Souvenirshopping ist. Steven begleitete mich und wir liefen durch die Stände, die im Prinzip alle das Gleiche verkaufen. An einem Stand mit Insekten überredete ich ihn, einen gebratenen Frosch zu essen. Die Verkäuferin schoss bereitwillig ein Foto von uns. Wie alles merkwürdige, Eiweißhaltige von diesen Ständen, schmeckte der Frosch nach einer Mischung aus Popcorn, Hühnchen und Nuss.
Wir kamen an einem Club vorbei, der mit freiem Eintritt lockte und tauchten in einen Raum mit schwarzen Wänden und roten Lichtern ein. Sofort wurden wir von einem Kellner angesprochen, der mit einer Taschenlampe auf das Getränkemenü leuchtete und uns aufforderte, etwas zu trinken. Einen Drink muss man im Gegenzug für den freien Eintritt kaufen. Wir wollten nix und flüchteten auf die Tanzfläche. Der Kellner blieb hartnäckig, verfolgte uns und schließlich bestellten wir Bier und Caipirinha für 100 und 150 Baht (2,50 und 3,25 €).
Wir tanzten zur immer gleichen Popmusik, die mir noch aus dem JJ’s in Sihanoukville in den Ohren liegt. Auf der Tanzfläche lernte ich ein Mädel aus Holland kennen, das gerade erst in Bangkok angekommen ist und noch die ganze Reise vor sich hat. Ich hätte am liebsten getauscht. Stattdessen tauschten wir Facebook Kontakte aus und ich kann ihr ein paar Tips auf ihrer Reise geben.
Um drei Uhr machte ich mich auf den Weg in mein Zimmer im Cozy Guesthouse, in dem ich für 350 Baht (9€) ein Bett gefunden hatte. Das Guesthouse war das erste, was mich anlachte, als mich der weltunbequemste Minibus von der kambodschanischen Grenzstadt Koh Kong in 8 Stunden (es sollten eigentlich nur 6 sein) direkt auf der Khao San Road in Bangkok rauswarf.
Die Reise von Kampot nach Bangkok dauerte 14 Stunden, kostete 27$ und beinhaltete die Fahrt in vier verschiedenen Bussen, mehrere unerklärliche Stops an Tankstellen und am Straßenrand sowie Unterhaltungen mit einer netten und interessanten Französin Chloé und zwei österreichischen Lehrerinnen, die in ihrem Sabbatjahr um die Welt reisten. Das Reden war gut, um mich von meiner Abschiedstrauer abzulenken.
Die Minibusse in Kambodscha sind ein super Fotomotiv und der Albtraum eines jeden deutschen Verkehrspolizisten. Es sind immer mehr Personen als Sitzplätze im Bus und meistens kann man sich mit seinem kambodschanischen Sitznachbarn, dessen Fuß auf der eigenen Handtasche steht, nicht unterhalten, da sie kein Englisch sprechen. Meine eigenen Füße stehen auf einem großen Sack Reis, auf den ein blaues Kuhmotiv gedruckt ist. Die Khmer haben ihr Ticket nicht in einer Reiseagentur, sondern beim Busfahrer selbst gekauft und nur der Busfahrer entscheidet, wann sein Bus voll ist. Auch wenn die Passagiere nur mit leichtem Gepäck reisen, ist es sehr unwahrscheinlich, dass die Kofferraumklappe schließt. Denn an die Rucksäcke, die mit Seilen zusammengeknotet vor dem Herausfallen gesichert werden, werden löchrige Plastiktaschen gebunden, in denen lebende Hühner ihre Reise antreten. Auch Fahrräder und sogar ein Motorbike sehe ich aus der Gepäckklappe hervor lugen. Gut, dass die Busfahrer dieses Tetris-Spiel jeden Tag betreiben. So kann ich mir sicher sein, dass alles sicher ist, auch wenn es definitiv nicht danach aussieht.
Auch wenn es teilweise nervenaufreibend ist, so werde ich diese chaotischen Zustände und das immense Improvisationsgeschick Südostasiens im regelreichen pünktlichen Deutschland sicher vermissen.

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