Sonntag, 15. Januar 2012

Thailand - Visum No. 2 - Weihnachten unter Palmen bei Vollmond und Silvester im Kletterparadies Ton Sai


22.12.2011 – 24.12.2011, Seaflower Resort, Haad Yao, Kho Phangan
Wiedersehen mit den Mädels & Party am Strand
Als Mathieu und ich an der Rezeption vom Seaflower Bungalow Resort einchecken, läuft Steph aus dem Internetraum hinter der Rezeption hervor und begrüßt uns freudestrahlend.
Sie und ihre Freundin Lucy aus Yorkshire sind schon gestern angekommen und fühlen sich bereits wie zu hause. Tessa ist auch schon da. Marije trudelt im Laufe des Tages ein und so sind wir bis auf Lara wieder alle vereint.
Das Resort wird von einem Thailändischen Ehepaar in den Mittfünfzigern geleitet. Chai, der Besitzer hat graue lange Haare, die er am Hinterkopf zu einem dünnen Zöpfchen zusammen flechtet. Er rollt sich einen Joint nach dem anderen, sitzt grinsend in seiner kleinen Bambushütte auf dem Hof und antwortet auf die Frage „Chai, wie geht’s dir?“ standardmäßig: „Gooooood. Gooooood times, haaa haa“.
Chai ist allerdings auch für den Pick Up Service neuer Gäste zuständig und macht Besorgungen in Thongsalla, der Hauptstadt von Ko Pha Ngan, die 20 Minuten südlich von Haad Yao, unserem Ort, entfernt liegt und niemanden stört es. Das ist Thailand.
Die auf Holzstelzen gebauten Bungalows sind ziemlich modern und haben WiFi. Die Hütten der Leute, die das Dreifache von uns bezahlen, liegen direkt am Meer. Wir müssen eine halbe Minute zum Resort eigenen Strand laufen und zahlen dafür nur 60 Baht (15 €) pro Nacht für 2 Personen.
In der Anlage stehen lauter Kokosnusspalmen und ich konnte zum ersten Mal sehen, wie Kokosnüsse geerntet werden. Dafür kommen Männer, die einen Affen an der Leine führen. Der Affe klettert die Palmen hoch und dreht so lange an den Kokosnüssen, bis sie herunter fallen. Dabei nimmt er sogar Rücksicht auf umherlaufende Gänse, den Geräteschuppen und parkende Motorbikes. Nur ein paar Blumenbeete sehen nach der Ernte nicht mehr so schön aus, wie zuvor.
Das Wetter ist an den ersten fünf Tagen auf Ko Phangan leider nicht wie erwartet. Statt Sonnenschein pur müssen wir uns mit Wolken und ab und an einem Regenschauer zufrieden geben. In der Weihnachtsnacht stürmt es sogar so stark, dass Teile des Strands und der am Strand gelegenen Bars überflutet werden. Die Besitzer wappnen sich mit Sandsäcken. Füllmaterial finden sie ja genug….
Mathieu und ich mieten einen Roller und erkunden den Norden der Insel. Haad Salad ist ein wirklich schöner Strand und in Chuloklam werden an der einzigen Ortskreuzung am 7 Eleven Convenience Store BBQ Spieße, Obst und Pfannkuchen verkauft.
Das Frühstück in unserem Resort Restaurant ist ziemlich teuer. So fahren wir mit dem Bike Richtung Thongsalla und halten an einem Straßenstand, der uns schon morgens um 10 Uhr gegrilltes Schweinefleisch, Klebreis und Papayasalat verkauft. Ich merke, wie sehr ich die Thailändische Küche vermisst habe.
Abends essen wir bei „Mama Pooh’s“. Der Restaurantboden ist aus Lehm, jeder Tisch ist eine überdachte Konstruktion aus Bambusrohren und die Portionen sind riesig. Als wir einmal etwas später um 21.30 Uhr zum Dinner auftauchen, müssen wir über eine Stunde warten. Die arme, von Bauchkrämpfen geplagte, Marije bekommt ihre Portion gekochten Reis als Letzte, obwohl das ja eigentlich am schnellsten geht.
Die Bauchkrämpfe kommen wahrscheinlich von den ganzen Buckets Samsong-Coke, die wir am Vorabend in Haad Rin getrunken haben. Haad Rin im Süden ist der „Partyort“ der Insel. Obwohl die Fullmoon Party hier erst am 25.12. gefeiert wird, ist der Strand zwei Tage vorher schon brechend voll.
Wir haben Dinner und die ersten Drinks im „Same Same Restaurant“. Das ist der gleiche Ort, an dem ich mit Anne und Eike im Oktober die Fullmoon Party gestartet habe. Damals wohnte Eikes Bruder Soeren in dem zugehörigen Hostel. Die Preise sind allerdings schon fast europäisch. Dafür handeln wir auf dem Weg zum Strand an einer Bucket Bar einen guten Deal aus und zahlen jeweils nur 150 Baht (3,80 €) für einen Eimer Rum-Cola-Redbull.
Wir treffen an der Drop In Bar am Strand Freunde von Steph und starten gemütlich in den Abend. Gegen 23 Uhr startet an der Cactus Bar die Feuershow. Zwei Thais stehen auf zwei gegenübergelegenen Holztischen und schwingen ein ca. vier Meter langes brennendes Springseil. Ein kleiner Junge von vielleicht 10 Jahren eröffnet die Runde und springt die ersten fünf Umdrehungen. Dann springt eine junge Thai Frau und wenn das Seil richtig schön erhitzt ist, dürfen die betrunkenen Deutschen, Briten, Franzosen, Amis usw. springen. Es ist wirklich lächerlich, wie viele denken, dass sie dabei unversehrt davon kommen. Selbsteinschätzungsfähigkeit = nicht vorhanden. Die, die als erstes nach der Thai Frau springen und das Seil schnell genug verlassen, haben meistens noch Glück. Die, die danach kommen, verbrennen sich mit einer geschätzten Wahrscheinlichkeit von 80 %. Denn auch, wenn sie noch in der Lage sind, Seilzuspringen, so schaffen sie es nicht, dem Tempo zu folgen, das die zwei Thais nach der ersten Minute vorgeben. Sie werden immer schneller und das brennende Seil landet im Gesicht, an den Knöcheln oder am Bein der Springenden. Nicht ohne Grund gibt es hier mehr Apotheken als irgendwo anders.
Schaut man sich die Schlange der Wartenden an, sieht man, dass ca. 90 % der betrunkenen Waghalsigen männlich sind. Was sagt das über die Klugheit der Geschlechter aus?
Von unserer, hauptsächlich weiblichen, Gruppe riskiert jedenfalls niemand seine frisch gebräunte Haut. Zugucken und Kopf Schütteln reicht uns aus. Ich frage mich jedoch, wie diese Feuershow noch immer legal sein kann und wie es möglich ist, dass sie jeden Abend  stattfindet. Tagsüber sehen wir genug Leute, die irgendwo am Körper einen Verband tragen. Knie und Ellenbogen deutet meist auf Motorbike Unfall hin. Alles andere ist Feuershow-bedingt.
Um 12 Uhr stoßen wir auf Lucy an. Zum 22 Geburtstag schenken wir ihr – das liegt nahe - einen Bucket Rum-Cola-Redbull. Die Stände in den Straßen sind definitiv günstiger als die direkt am Strand gelegenen Mini-Bars. Diese ca. 1,50 m breiten und 2,50 m hohen, aus Holzbrettern zusammengenagelten Hütten haben Namen wie „Jack, Jill, Marisa, Nadine etc.“. Mathieus Theorie nach ist der Grund, dass man sich besser merken kann, an welcher der über 50 Strandbars man einen guten Preis ausgehandelt hat, zu dem man zurück kommen möchte.
Gegen 2 Uhr nachts laufen wir zufällig Emil in die Arme. Emil ist ein fast von oben bis unten zutätowierter Schwede, den Mathieu im Frühling in einer Bar in Canada kennen gelernt hat. Er ist mit Mai, einer Schwedin mit vietnamesischen Wurzeln, zusammen hier. Wir gehen wieder runter an den Strand und sehen, dass sich die Lage etwas geändert hat. Marije liegt in den Armen eines blonden Engländers und Tessa knutscht mit einem Kanadier. Ich hab das Gefühl, Ko Pha Ngan ist Thailands Ballermann.
Um kurz vor fünf kurven wir alle (allerding ohne Engländer und Kanadier) im Songthaew zurück nach Haad Yao. Steph fallen schon während der Fahrt die Augen zu.
Der nächste Tag ist komplett dem Hangover und natürlich dem Geburtstagskind Lucy gewidmet. Wir basteln ihr Luftballontiere am Strand und als Überraschungsgast kommt Peter vorbei. Peter haben wir ja damals auf unserer Trekking Tour in Chiang Mai kennen gelernt. Nach 1, ½ Monaten ist er knackig braun und „hat etwas weniger hier“ wie er selbst sagt als er auf seine Oberarme deutet und „dafür etwas mehr hier“, womit er seinen Bauch meint. Ich glaube, das geht vielen Reisenden so.
Abends bei Mama Phoo’s beschließen die Mädels spontan nach Haad Rin zu fahren, um aus Lucys Geburtstag heraus zu feiern. Diesmal kommt Marije erst nach dem Frühstück nach Hause. Tessa konnte den Kanadier leider nicht finden…
Am 24.12. erkunden Mat und ich die Insel. Wir fahren nach Thongsalla und gehen in den Tesco Supermarkt – äh ja super Erkundung. Es gibt in Thailand und ganz Südostasien generell so wenig Supermärkte, dass ich es total genieße durch die Reihen mit geordneten und mit Preisschildern ausgezeichneten Lebensmitteln zu laufen. Das letzte Mal, dass ich in einem Supermarkt war, ist mehr als zwei Monate her. Damals hab ich in Hua Hin für meine Busfahrt nach Phuket Proviant eingekauft. Es ist nett, jede Mahlzeit in einem Restaurant essen zu können, da es so billig ist. Aber auf der anderen Seite vermisse ich auch die große Auswahl meines Kühlschranks für den kleinen Hunger zwischendurch und meine eigenen Pfannen und Töpfe, mit denen ich mir etwas eigenes Kochen kann.
Wir verlassen Thongsalla und fahren zu den Phaeng Wasserfällen. Sie liegen in einem Naturreservat, in dem man auch campen kann, falls man noch nicht genug von Killer Mosquitos zerstochen ist.
Meine Malariatabletten habe ich übrigens noch kein Mal angerührt. Die Angst vor Malaria ist definitiv zu groß in Deutschland. Ich habe vielleicht 3 Backpacker getroffen, die die Tabletten wirklich genommen haben. Solange man nicht für eine Woche im Dschungel trekken geht, kann man sich die 54 € für Malerone getrost sparen. Und wenn was ist, kann man die Tabletten immer noch im jeweiligen Reiseland bekommen und zahlt nur ein Viertel des deutschen Preises. Ein Hoch auf die Pharma Industrie.
Die Phaeng Wasserfälle sind nicht ganz leicht zu erkennen. Statt brausenden Wassermassen tröpfelt ein kleines Rinnsal den Berg hinab. Ganz umsonst sind wir allerdings nicht gekommen. Von dem 200 m hoch gelegenen Aussichtspunkt können wir einen Großteil der Insel überblicken und sogar das Meer rauschen hören. Der ganze Wald riecht nach Chai Tee. Vielleicht ist das Feuer, dass etwas weiter im Tal brennt, der Grund hierfür.
Am 24.12. durch den Wald zu laufen, erinnert mich stark an Weihnachten zu hause. Dort würden wir am Nachmittag wahrscheinlich auch eine Runde drehen. Und wie ich bei meinem Anruf später erfahre, sind Papa und Christoph gerade im Wald spazieren, während Mama das Weihnachtsessen vorbereitet.
Weihnachten nicht zu Hause zu feiern ist ein merkwürdig. Bei 25° Grad, Palmen und Strand komme ich überhaupt nicht in Weihnachtsstimmung. Da ich dank des Nicht-Vorhandenseins meines Adventskalenders, kühlen Temperaturen und Wham Songs im Supermarkt kaum an Weihnachten denke, habe ich auch nicht das Gefühl, dass ich etwas verpasse. Es fühlt sich einfach nicht wie Dezember an. Und außerdem bin ich die einzige, die am 24.12. an Weihnachten denkt. Für Die Engländerinnen und Holländerinnen ist Weihnachten erst am 25.12. Für Mat ist es am 06.01.da er Orthodox ist. Wir haben uns einfacher halber auf den 25.12. geeinigt.
In der Nacht vom 24. Auf den 25. stürmt es ohne Ende. Am nächsten Morgen ist die See aufgewühlt und Teile des Strands sind überflutet.

25.12.2011, Sonntag – Seaflower Resort, Haad Yao, Kho Pha Ngan
Weihnachten & Fullmoon Party
Am Morgen des 25.12 dürfen wir uns dann „Frohe Weihnachten“ wünschen. Wir haben vereinbart uns nichts zu schenken. Ich hab trotzdem einen Schokoladen Nikolaus am Stiel für jeden im Tesco Supermarkt gekauft. Der wurde von einer deutschen Firma in Bangkok produziert. Die anderen haben sich an unsere Abmachung gehalten. Gut, dass ich einen für mich selbst mit gekauft habe.
Heute Abend ist die Fullmoon Party in Haad Rin, zu der 30.000 Leute erwartet werden. Die Mädels haben sich für das Christmas-Dinner im Hotel Restaurant eingetragen. Das kostet 550 Baht (18 €). Mathieu und mir ist das zu teuer. Wir fahren lieber etwas früher nach Haad Rin und essen dort. Gegen 18 Uhr ist der Strand dort noch ziemlich überflutet und ich frage mich, wo hier heute Abend alle tanzen sollen. Die Barbesitzer sind allerdings grade dabei, alles aufzubauen. Das ist ein gutes Zeichen.
Wir gehen erst mal zum Dinner ins Cloud 9. Das Green Curry kommt schon nach 5 Minuten. Das deutet stark darauf hin, dass es schon etwas sehr viel länger in einem großen Topf vor sich hin kocht. Naja, Haad Rin ist eben mehr auf Getränke als auf Essen spezialisiert.
Emil meldet sich und lädt uns zum Vortrinken in seinen Bungalow ein, den er sich mit Andreas und Johnny teilt. Heute Nacht können wir hier schlafen. Eins der drei Betten ist mindestens frei, teilt uns Emil schmunzelnd mit.
Auf der Terrasse warten schon Andreas, Johnny und Erika, alle blond, alle Schweden. Mai kommt etwas später auch dazu. Mai ist Schwedin, stammt aber aus Vietnam. Wenn Mai und Emil in einem Hotel einchecken wollen, haben sie manchmal Probleme, da die Hotelbesitzer denken, dass hier ein Westler ein leichtes Thai-Mädchen mit aufs Zimmer nehmen will, was in den meisten Hotels verboten ist.
Wir malen uns mit Neon Farben an. Bzw. ich bemale mich, Mathieu und Emil. Emil möchte „I’m sexy and I know it“ auf die Brust haben. Mathieu wünscht sich ein „Still Dre“ auf den Bauch. Werden die denn nie erwachsen?
Andreas ist Maler von Beruf und verziert Erikas Fuß kunstvoll mit weißen Blumen. Die weiße Farbe sieht auf Mai’s dunkler Haut besonders gut aus.
Gegen 12 Uhr laufen wir runter zum Strand. Nun erwartet uns ein komplett anderes Bild. Das Wasser ist zurück gegangen. Aber vom Strand ist immer noch nichts zu sehen. Tausende Backpacker  tanzen vor der Cactus Bar. Wir versuchen die Mädels zu finden, die genau hier sein sollen. Es ist bei den Massen allerdings unmöglich auch nur irgendwen wieder zu finden.
Stattdessen treffen wir zufällig George und Lauren, ein Pärchen vom Halong Bay Trip. Lauren war damals relativ absichtlich betrunken vom Steg ins Wasser gefallen. Sie erzählt mir nun, dass sie sich einige Gedanken um ihr Leben gemacht hat, einige Gespräche mit George geführt hat und in der Zukunft von solchen Aktionen absieht. Die beiden haben die Mädels noch vor einer Stunde gesehen. Und zwar genau hier an der Cactus Bar. Das hilft uns leider nicht weiter. Jetzt sind sie nirgendwo zu sehen.
Wir entfliehen der Menge und gehen etwas am Strand entlang. In dem Gedränge kann man eh nicht tanzen. Am linken äußeren Rand vom Strand ist die „Mellow Mountain“ Bar. Full Moon Parties sind ja leider nicht nur wegen der Neonfarbe und den Feuershows sondern auch wegen dem hohen Drogenkonsum berühmt berüchtigt.
Im Mellow Mountain kann man für 500 Baht (13 €) einen Muschroom Shake kaufen. In diesem grau-grünen Brei ist neben Eiswürfeln und Saft eine gute Menge Pilze enthalten, die unter Anderem Halluzinationen hervorrufen. Das kann man auch live miterleben, ohne den Shake zu trinken. Man muss sich nur die ganzen „Opfer“ anschauen, die in der Bar auf dem Boden Hocken und wie Zombies in die Luft starren. Einem Mädel geht es gar nicht gut. Sie windet sich auf dem Boden und rollt die Augen. Wer hat hier eigentlich ein Auge auf die, die einen schlechten Trip erwischt haben? Offenbar niemand. In Deutschland hätten sicher schon fünf Leute einen Krankenwagen gerufen.
Ich möchte nicht so enden. Mir ist die Fullmoon Party mit Alkohol schon genug. Ich bestelle mir an der Bar einen Caipirinha. Mat bleibt bei seinem Bier. Emil möchte den Shake ausprobieren. Nur kurze Zeit später verlassen wir die Bar und gehen die Stufen zum Strand hinunter. Emil hebt sein Bein übertrieben hoch, als ob die Stufen 1,50 m hoch wären. Er geht wirklich absolut komisch und ich bin gleichzeitig erschrocken und amüsiert. Seine Augen sind riesig groß und er schaut den Sternenhimmel an, als ob er ihn das erste Mal im Leben zu Gesicht bekommt.
Was ist das? So langsam fange auch ich an, mich etwas merkwürdig zu fühlen. Die Anzahl der Leute kommt mir immer größer vor, als ob sie mehr werden. Dabei habe ich doch nur einen Caipirinha getrunken…oder? Ich kann nicht sagen, ob der Alkohol auf ein Mal super stark wirkt oder ob da vielleicht auch etwas in meinem Drink war, was nicht im normalen Caipirinha Rezept enthalten ist. Geschmeckt hat er ganz normal.
Ich mag dieses Gefühl des Kontrollverlusts gar nicht. Ich probiere mit Pizza, BBQ Hühnchen und Wasser nüchtern zu werden. Das hilft leider nicht. So beschließen wir uns den Weg durch die Menge zurück zu Emils Bungalow zu kämpfen. Mathieu geht voran und nimmt mich an die Hand. Ich nehme Emil an die andere Hand. Der bleibt sonst ewig stehen und starrt die Sterne an. Es ist so voll, dass mir Emil irgendwann von der Hand abrutscht und wir finden ihn nicht wieder.
Trotzdem schafft er es irgendwie vor uns am Bungalow anzukommen. Andreas, Johnny, Erika und Mai sitzen auch schon da. Ich kann mich an die ein, zwei Stunden vor dem Bungalow nicht mehr erinnern. Mathieu erzählt mir am nächsten Morgen, dass ich meinen Kopf auf seine Knie gelegt habe und wie eine Katze geschnurrt habe. Er hat mich zum Glück gleich ins Bett gepackt und mir so bestimmt einige Peinlichkeiten erspart. Wobei Emil sicher ein verrückteres Bild abgegeben hat.

26.12.2011, Montag – Seaflower Resort, Haad Yao, Koh Pha Ngan
Kater kurieren und Goodbye Tessa
Johnny meint am nächsten Morgen, dass in jedem Getränk im „Mellow Mountain“ entweder Pilze oder MDMA, also Ectasy, enthalten sind. Ich weiß nicht ob das stimmt, aber es würde Sinn machen. Ich bin gar nicht froh darüber, wie der Abend geendet ist und werde meinen Geist und Körper definitiv nie freiwillig in diesen Zustand bringen.
Komischer Weise ist mein linker Daumen etwas taub und fühlt sich wie eingeschlafen an, wenn ich ihn berühre. Was hast das zu bedeuten? Wahrscheinlich hab ich nur merkwürdig drauf gelegen. Auch Emil war die Erfahrung gestern Abend eindeutig zu viel. Ein zweites Mal wird es für ihn nicht geben.
Wir bleiben noch bis Mittag und machen uns gegen 13 Uhr auf den Weg zurück nach Haad Yao. Dort heißt es „Goodbye Tessa“. Sie muss nach Bangkok fahren, da in einem Tag ihr Flieger nach Holland geht. Sie ist die erste von unserer Chiang Mai Crew, die den Rückweg antritt, Wie traurig!
Marije kann ich nicht ein Mal mehr verabschieden. Sie hat schon eine frühe Fähre nach Koh Tao genommen. Das ist allerdings nicht so schlimm. Schließlich sehe ich sie an Silvester wieder. Wir müssen uns nur noch einigen, wohin es gehen soll.
Ich hoffe, dass wir eine Reunion mit den Mädels ins Amsterdam oder London auf die Beine stellen können, wenn wir alle wieder zurück im kalten Europa sind.
Den Rest des Tages habe ich schlafend und lesend verbracht. Abends haben wir mal ein neues Restaurant ausprobiert, dessen Namen ich allerdings schon vergessen habe. An diesem Tag ist Schlaf allerdings die oberste Priorität und es geht nach dem Dinner direkt ins Bett.

27.12.2011, Dienstag – Fantasea Bungalows, Chuloklam, Koh Phangan
Umzug nach Chuloklam & Andreas Geburtstag
Nach dem Abschiedsfrühstück sagen wir Goodbye“ zu Steph und Lucy. Wie so oft besteht noch eine gute Chance, dass ich Steph wieder sehe. Und zwar kommt am 31.12 ihr Freund James und sie reisen 2 Wochen durch Kambodscha, genau wie ich.
Mathieu und ich fahren mit dem Roller in das 15 km entfernte Chuloklam im Norden der Insel. Wir suchen die Fanta Bungalows, in die Emil, Andreas und Johnny gestern gezogen sind. Sie haben noch eine kleine Bambushütte direkt am Strand frei. Die Dusche ist zwar kalt und es gibt kein Wifi, dafür sind es nur 10 Meter aus der Hängematte auf der Terrasse bis ins Meer.
Wir geben den Roller in Haad Yao zurück, holen unsere Backpacks und halten an der Straße ein Sangthawo an, das uns zurück nach Chuloklam bringt.
Dort angekommen wird natürlich sofort ein neuer Roller für 200 Baht (5€) pro 24 h gemietet. Zusammen mit den Jungs fahren wir zur Chuloklam Safari. Dort warten Mai und Erika schon. Die Schwedentruppe will auf Elefanten reiten. Mathieu und ich haben das schon hinter uns und verzichten. Außerdem sind die Elefanten total abgemagert, haben ausgefranste Ohren, tränende Augen etc. Das ist ziemlich abschreckend.
Sie müssen noch eine halbe Stunde warten, bis die Sattel frei sind. In der Zeit gucken wir uns den Reptilienzoo an. Auch dieser ist in einem schrecklichen Zustand. Die Käfige sind viel zu klein und total verdreckt. Es stinkt erbärmlich.
In einem Käfig draußen werden 5 Affen gehalten. Ein Affe rennt die ganze Zeit von links nach rechts. „Warum tut er das?“ fragt Johnny. „Ist ja wohl klar, weil er total irre wird bei so wenig Bewegungsfreiheit.“ Sage ich.
Danach fahren Mat und ich zurück zu den Bungalows. Im Meer Baden ist deutlich besser als Tieren beim Verenden zuzusehen. Außerdem gibt es hier zwei total süße Hunde. Einen weißen, den ich Snowwhite oder Snowball nenne und einen jungen braunen, der total verspielt ist und andauernd Blätter frisst. Die sind sehr viel schöner anzusehen.
Abends essen Mat und ich im Lemongras Restaurant, das verwestlichte Thai Gerichte serviert. Es ist ok.
Danach gehen wir mit dem Rest in die Woodstock Bar und enden schließlich in dem Restaurant unserer Bungalow Anlage. Andreas wird heute 27. Zur Feier des Tages spielen wir mal wieder King’s Cup. Emil hat heute das Pech gepachtet. Er verliert bei jedem Spiel wie „wer als letzter den Daumen auf den Tisch legt muss trinken“ und bekommt auch die King’s Cup mit einem ziemlich starken Rum Cola Gemisch ab.
Die Mädels haben Andreas eine silberne Plastikkrone mit hellblauem Plüsch drauf  und eine Plastik-Laserpistole, die Farben und Geräusche macht, geschenkt. Er freut sich wie ein kleines Kind. Mehr allerdings über die Pistole. Mit sieben Leuten quetschen wir uns auf die Terrasse ihres Bungalows und lassen den Abend ausklingen.
28.12.2011, Mittwoch – Fantasea Bungalows, Chuloklam, Ko Phangan
Ko Ma Island & Nightmarket in Thongsalla
Ko Ma Island ist eine Insel im Nord-Westen von Ko Pha Ngan, die man bei Ebbe über eine kleine Sandbank im Meer erreichen kann. Wir sonnen uns am Strand von Ko Pha Ngan und warten bis das Wasser sinkt. Heute ist zum ersten Mal in der ganzen Zeit auf Ko Pha Ngan richtig heißes sonniges Wetter. Zeit für ein Eis.
Der Spaziergang nach Ko Ma durchs kniehohe Wasser dauert ca. 10 Minuten. Auf der winzig kleinen Insel erwartet uns eine heruntergekommene Bar. Es ist sicher schon Jahre her, dass hier Drinks serviert wurden. Weiße Kieselsteine markieren noch den Weg über das Gras. Angeschwemmte Bojen und Holzstücke liegen auf dem gesamten Gelände. Wir werfen einen Blick hinter die Kulisse und schauen uns Küche, Lager und Bar an. Irgendwie hat dieser Ort etwas Magisches. Definitiv magischer als das „Alice im Wunderland – Crazy House“ in Dalat.
Nach dem Sonnentag fahren wir mit den Bikes zum Nachtmarkt in Thongsalla. Wie auf allen thailändischen Nachtmärkten gibt es hier BBQ Pork, Würstchenspieße, Sushi, Fruchtsäfte, Nudelsuppe, Pfannkuchen und und und. Es ist das reinste Fressparadies.
Danach kaufen wir im Tesco Supermarkt Rum und Mixer ein. In Chuloklam angekommen wollen wir uns nur für ein kleines Nickerchen hinlegen. Daraus wird allerdings die ganze Nacht und der Rum bleibt unberührt.

29.12.2011, Donnerstag – City Hotel, Krabi
Eine Nacht in Krabi
Wer früh schläft, wacht früh auf. Um 8 Uhr sind wir schon auf den Beinen und springen ein letztes Mal ins Meer auf Ko Pha Ngan. Frühstück gibt’s mal wieder im Lemongrass. Dann heißt‘s Backpacks packen und auschecken. Um 12.30 Uhr geht die Fähre.
Nach mehr als einem Monat gemeinsamen Reisen muss ich mich heute von Mathieu verabschieden. Mit der Fähre in Donsak angekommen, nimmt er den Bus nach Surathani, wo einer seiner besten Freunde, Aleph, auf ihn wartet. Ich hingegen nehme den Bus nach Krabi, um mich dort mit Marije zu treffen. Auch dieser Abschied ist nicht wirklich traurig, da wir uns wahrscheinlich noch ein Mal kurz vor meinem Rückflug nach Deutschland wieder sehen.
Ich komme fast zwei Stunden eher als Marije in Krabi an. Dabei reist sie von Ko Tao, was nur eine Insel nördlicher als Ko Phangan liegt. Sie hat über Lomprahya, ich über Songserm gebucht. So werde ich an einem Busterminal 10 km weit vom Zentrum herausgeworfen, während Marije im Zentrum ankommt.
Ich nehme ein Taxi und wir treffen uns vor dem Vogue Shopping Center. Marije ist nicht allein unterwegs. Auf der Fähre hat sie Jeremy kennengelernt. Jeremy ist 36 Jahre alt, in England geboren und reist beinah sein ganzes Leben lang. Allerdings legt er des Öfteren längere Pausen ein. Die letzten fünf Jahre hat er in Schweden zusammen mit seiner Freundin gelebt. Sie ist 22 Jahre alt und sie waren 5 Jahre zusammen….ja richtig, sie war 17, als sie sich in einem Ski Resort, in dem Jeremy als Türsteher gearbeitet hat, kennengelernt haben. „Sie war die einzige, die sich auch unter Alkohol noch vernünftig verhalten konnte“ sagt er. Das reicht offenbar aus, um sich zu verlieben.
Jeremy weiß noch nicht genau, was er an Silvester macht. Offenbar realisiert er grad zum ersten Mal, dass das ja schon übermorgen ist. Vielleicht geht er Fischen, vielleicht Segeln, vielleicht trifft er Freunde auf Ko Phi Phi. Oder er kommt nach „wie heißt noch gleich der Ort, wo ihr hingeht? - Ton Sai, genau“.
Marije und ich sind uns einig: Jeremy ist ein super lieber Kerl, er schaut uns im Gespräch fast wie ein unterwürfiger Hund etwas schief mit geneigtem Kopf von unten an. Das macht ihn gleichzeitig auch etwas merkwürdig. Irgendwas ist komisch an ihm. Wir werden ihn wahrscheinlich nicht auf Facebook adden.
Trotzdem haben wir einen netten Abend in einem malaysischen Restaurant, in dem wir für 40 Baht (1€) gebratenen Reis mit Hühnchen bekommen und in einer Bar, in der eine Thai Band live Rockmusik spielt. Natürlich ist mal wieder „Hotel California“ darunter. Die Südostasiaten lieben diesen Song.
Beim Verlassen der Bar fragen uns drei Typen, wo wir hingehen. Wir sagen nach Hause, da wir morgen früh entweder nach Railey oder Ko Lanta wollen. Einer der drei stellt sich als Emil vor. Sie kommen aus Schweden. Was für ein Zufall. Sie sind gerade von Ton Sai, dem Backpackerstrand von Railey zurück und sagen, dass es einmalig schön dort ist. Alles klar, damit ist unsere Entscheidung auch gefallen. Ton Sai, wir kommen!

30.12.2011, Freitag – Paasook Bungalow, Ton Sai (Railey West)
Wiedermal ein Paradies entdeckt
Marije und ich sind uns einig: das ist nach Chiang Mai definitiv der zweitbeste Ort in Thailand. Von Krabi sind wir mit dem Songthaew 30 Minuten nach Ao Nang gefahren. Für 100 Baht (2,50 €) fährt uns das Longtailboot um die Felsen herum und bringt uns zum Strand von Ton Sai.
Schon der erste Eindruck ist überragend. Der Strand ist von riesigen, grün bewachsenen Felsen eingekreist, an denen sich Kletterer wie Spinnen hinauf hangeln.
Wir entdecken sofort die Sunset Bar, die auf Bambusstelzen direkt am Strand gebaut ist. Hippies und Rastas relaxen auf der Terrasse auf Stoffmatratzen im Schatten.
Ein dicker Thai repariert einen der Bambus Zäune. Wir fragen ihn nach einer Unterkunft. Er sagt uns, wir sollen einfach mal den Weg in die Insel runter laufen. Ein sandiger, felsiger Pfad führt uns durch den Dschungel an Restaurants und Bungalow-Anlagen vorbei. Fast jede Bar ist in Jamaica-Farben angestrichen. In der Jah Bar ist heute Abend Live Folk Music aus Chiang Mai. Da müssen wir vorbei schauen. Schließlich haben Marije und ich uns in Chiang Mai vor fast 2 Monaten kennen gelernt.
In den Restaurants sitzen fast ausschließlich Hippies, Rastas, Kletterer und andere ziemlich alternative Figuren. Ich fühle mich definitiv wie auf dem Summer Jam, besonders wenn ich den kleinen Waldpfad ins Inselinnere entlang laufe.
Es ist nicht ganz einfach eine Unterkunft zu finden. Zwischen Weihnachten und Silvester ist natürlich Hochsaison. Gut, dass wir uns so früh auf den Weg gemacht haben. Drei von sechs Unterkünften sind voll. Eine bietet einen wirklich standardmäßigen Bungalow für 800 Baht (20€) pro Nacht an. Dafür gibt’s nicht mal heißes Wasser oder Wifi.
Wir entscheiden uns schließlich für „Paasook Bungalows“ am Ende des Weges. Der Bungalow ist zwar genauso standardmäßig und Strom gibt es nur von 18 – bis 6 Uhr. Aber dafür müssen wir nur 500 Baht (12,50€) zahlen.
Die Vermieterin ist offenbar eine Laus über die Leber gelaufen. Sie grummelt vor sich hin, zeigt uns hektisch zwei Bungalows und bricht den Schlüssel von Nr. 17 ab, für den wir uns letztendlich entscheiden. Als wir fünf Minuten später mit unseren Backpacks, dir wir in einer Bar abgestellt haben, zurück kommen, wird die Tür bereits repariert. Ein ca. 60 Jahre alter Mann ohne Schuhe kniet mit einer Kopflampe auf der Stirn im Eingang und tauscht das Schloss aus. Sein linker Arm reicht nur bis zum Ellenbogen. Und trotzdem ist er perfekt in der Lage Werkzeuge und Schlossteile zu balancieren und anzubringen. „Where are you from?“ und „You are beautiful“ sind die zwei einzigen Sätze, die er zu uns sagt.
Als wir unseren Krempel im frisch gesicherten Bungalow wegschließen können, machen wir uns auf den Weg zum Strand. Heute ist definitiv einer der heißesten Tage, den ich je in Südostasien erlebt habe. Wir springen alle 20 Minuten ins Wasser, um uns abzukühlen. Der Strand ist von Felsen umsäumt und wir schauen den Kletterern beim Schwitzen zu.
In einem kleinen Strandrestaurant essen wir Omelette und Reissuppe. Neben uns sitzt der Australier Ryan, der schon seit 17 Monaten reist. Ich hab etwas zu viel Chilisoße in meine Suppe gelöffelt und muss husten. Jetzt will der mir tatsächlich noch einen Vortrag über die Südostasiatische Küche halten… Marije bemerkt meinen genervten Blick und grinst. Ich erwähne nebenbei unseren Kochkurs in Chiang Mai und bringe Ryan zumindest kurzzeitig zum Schweigen.
Dann erzählt er von einem Typen, der sein Visum für Malaysia 2 Monate überzogen hat und sich zwischen einer Woche Gefängnis oder 500 € Strafe entscheiden konnte. Er hat das zweite gewählt Der Typ wusste anscheinend nicht, dass er nur 30 Tage Visum bekommt. Dabei muss er dafür doch nur seinen Stempel im Reisepass angucken…oder Lonely Planet lesen. Ryan reist natürlich ohne Lonely Planet. Schließlich steht da nur Schrott drin. Er zieht es vor, nachts um 3 Uhr irgendwo anzukommen und dann Polizisten nach einem Guest House zu fragen. „Mhm“ sagen Marije und ich und versuchen uns aus dem Gespräch zu winden. Einige Traveller sind einfach überalternativ.
Vielleicht hat er auch einfach zu viele Joints geraucht. Und das wahrscheinlich mit Mr. Chang. Mr. Chang ist ein ca. 60 Jahre alter Thai, der Ryan gegenüber sitzt und einen riesigen Papayasalat verdrückt. Alle drei Minuten ertönt „Iron like a lion in zion“ von Bob Marley. Dann nimmt Mr. Chang sein Handy ab und spricht für ein paar Sekunden etwas auf Thai in sein Telefon. Zum Nachtisch dreht er eine riesige Tüte und raucht sie mit Ryan.
Die Kellnerin im Restaurant hat folgendes auf ihrem T-Shirt geschrieben „God made weed, man made booze, who do u trust?“. Ja, es ist wirklich wie auf dem Summer Jam hier.
Abends essen wir einen ultra scharfen Papayasalat und laufen am Strand entlang. Der Strand ist von Bars gesäumt, die jedoch alle eher leer sind. Vielleicht ist es um 21 Uhr auch zu früh und die ganzen Kletterer halten noch einen power nap, um ihre Kräfte zurück zu bekommen. Wir lassen uns in einer Reggae Bar nieder und schauen zu, wie ein paar Leute auf einer Slackline balancieren und ein Thai eine Feuershow vorführt. Wir kommen mit den Amis Eric und Dee ins Gespräch. Sie sind natürlich Kletterer und verraten uns ein paar Tricks: „Die Power muss aus den Beinen und nicht aus den Armen kommen, Halte, wenn es geht, die Arme gerade anstatt dich mit angewinkeltem Arm an die Wand zu klammern. So sparst du viel Energie“ sagen sie. Hört sich einfach an. Mal sehen, wie das morgen bei unserer ersten Kletterstunde praktisch klappt.

31.12.2011, Samstag – Paasook Bungalows, Ton Sai
Klettern – ein potenzielles neues Hobby & Silvester tanzend am Strand
„Es ist unmöglich. Höher komm ich einfach nicht. Diese Wand ist so steil und felsig. Wie soll ich da nur Halt finden? Außerdem sind meine Beine superschlapp und wenn ich nach unten schaue, wird mir schwindelig.“
Das sind Gedanken, die mir beim Klettern durch den Kopf gegangen sind. Das Gefühl, das ich hatte, als ich realisierte, dass ich doch einen neuen Halt finde und dass ich doch höher komme, ist unglaublich gut. Frustration und Freude liegen beim Klettern definitiv nah zusammen.
Das konnten Marije und ich heute bei unserem halbtägigen Kletterkurs für Anfänger feststellen. Um 9 Uhr sollten wir bei der „Basecamp“ Kletterschule sein. Wir kamen zu spät, da es unendlich lange dauerte, bis wir unser „Früchte und Joghurt-to go“ Frühstück am kleinen Stand am Strand bekamen. Die Portion war riesig und das Klettergeschirr drückte bei der Anprobe ziemlich auf den Magen. Die Schuhe in Größe 41 fühlten sich an wie Größe 37. Schließlich fragte ich nach Größe 44. Dann erzählte mir der Guide, dass die Schuhe viel zu klein sein müssen und den Fuß quasi in eine krumme Position zwingen müssen, damit man an der Felswand Halt findet. Bequem ist das nicht.
Mit uns kletterten Marianne, eine schottische Hebamme, die zurzeit in einem Projekt in Pakistan arbeitet und dort nicht ohne männliche Begleitung auf die Straßen gehen kann und Stephanie, eine Deutsche, die seit drei Jahren in Österreich lebt und dort mit ihrem Freund ein Weingut betreibt. Es ist doch immer wieder interessant, was für Leute man auf Reisen kennen lernt.
Im Prinzip ging das Klettern schon vor dem eigentlichen Kurs los. Hätten wir das gewusst, hätten wir uns nicht mit Flip Flops und Handtasche auf den Weg gemacht. Wir gingen nämlich nach Railey, dem Strand, der eine Bucht weiter liegt. Bei Ebbe kann man über kleine Felsen trocken dort hingelangen.
Railey ist viel touristischer als Ton Sai. Hier gibt es riesige Resorts, russische Touristen, Geldautomaten, Apotheken und es fließt definit viel Geld. Im Restaurant kostet der Papaya Salat 175 statt 50 Baht (3,50 € statt 1,25 €). Wir sind froh, dass wir uns für Ton Sai entschieden haben.
An einer Steilwand bauen die beiden Thai Guides unser Gear auf. Wie kleine Äffchen fliegen sie die Wände hoch, um die Haken zu setzen. Einer klettert sogar ungesichert und barfuß. Er sagt, er hat vergessen sich zu sicher, Ich glaube, er ist high. Er lacht die ganze Zeit. Da haben wir es wieder. Sicherheitsstandards in Südostasien sind eben anders.
Insgesamt klettern wir vier verschiedene Seile hoch. Zuerst nur ca. 6 dann 20 Meter. Mit den Anweisungen der Guides, meinen langen Beinen und den Tipps von Eric und Dee komme ich ganz gut voran. Ich schaffe jedes Seil bis zum Ende hoch zu klettern. Eins davon ist sogar auf der Stufe 6A+ nach dem französischem System. Ich lasse mir erklären, dass das schon ganz gut ist. Schließlich geht es nur bis 9A-irgendwas.
Marije kommt auch gut hoch. Allerdings fängt sie plötzlich an, sich zu sehr auf die Geräusche zu konzentrieren, die ihr Seil macht. Sie vertraut dem Seil nicht und möchte runter kommen. Der vermutlich bekiffte Guide macht sich über sie lustig. Das reicht endgültig aus, um ihre Wut zum Kochen zu bringen und ihr die Freude am Klettern zu nehmen.
Nach vier Kletterpartien fühlen sich meine Hände wie Schmiergelpapier an. Ich kann gar nichts mehr greifen, ohne dass sie weh tun. Allerdings überwiegt das Gefühl der Zufriedenheit und der Stolz, den Fels erklommen zu haben. Klettern ist definitiv super cool und ich möchte es definitiv wiederholen.
Wir bleiben noch etwas länger in Railey und laufen über den Strand bzw. durch das „Inselinnere“ bevor wir uns mit den Longtailboot zurück in unser „Home sweet home“ Ton Sai Beach bringen lassen. Zurück in Ton Sai fallen wir beide K.O. ins Bett. So viel Sport hab ich schon lange nicht mehr gemacht.
Um 19 Uhr klingelt der Wecker und wir hübschen uns für die Silvesternacht auf. Viel Aufwand müssen wir nicht betreiben, um aus den ungeschminkten Rastas und Hippies in Schlabberklamotten herauszustechen. Ein Kleidchen und etwas Mascara reichen aus.
Um 20 Uhr treffen wir Marianne und gehen zum Dinner ins „Family Restaurant“, in dem wir bisher ungefähr immer gegessen haben. Ein Typ mit dunklen krausen Haaren und dunklem krausen Bart löffelt allein an einem großen Tisch seine Tom Yum Suppe. So sollte ein Dinner am Neujahrsabend nicht aussehen. Deshalb laden wir ihn an unseren Tisch ein.
Marije erwähnt, dass das hier fast wie in Chiang Mai ist. Wir zwei kommen an einen Ort und laden jeden einsamen Backpacker ein, sich zu uns zu gesellen und starten so eine Gruppe.
Chris kommt aus Seattle und hat Spanisch studiert. Damit kann man nichts anfangen. Also arbeitet er 4 Monate im Jahr bei der Weinernte in den USA zusammen mit einer Gruppe Mexikaner. So kann er wenigstens Spanisch sprechen. Gerade ist er allerdings aus Südkorea gekommen, wo er ein Jahr lang Englisch unterrichtet hat. Dafür hat er im Monat 4000 € bekommen. Nicht schlecht.
Marianne erzählt von ihrer Arbeit für die „Medicens en Frontier“ in Pakistan. Ich glaube, was sie dort erlebt, wird sie nie vergessen. Sicher sind auch einige traumatische Erlebnisse dabei. Sie ist eine von sechs Expats, die ein Team von 100 pakistanischen Ärzten und Schwestern leiten. Sie erzählt von einigen Männern, die sie einfach ignorieren, da sie es nicht gewöhnt sind, auf eine Frau zu hören. So machen sie ihr das Arbeiten oft unglaublich schwer.
In der Sunset Bar lernen wir Patrick und Kelly kennen, die totale Kletterfanatiker sind. Von der Terrasse aus beobachten wir drei Kletterer, die in der Nacht den 120 m hohen Felsen am Strand hochklettern. Die ersten zwei haben Kopflampen und so können wir sie ziemlich gut beobachten. Der oder die dritte klettert im Dunkeln. Wahrscheinlich ist es ein Thai. Und wahrscheinlich klettert er barfuß. Und außerdem hat er mit aller Sicherheit noch einen Joint geraucht, während sich die anderen schon auf den Weg gemacht haben. Deshalb ist er hinten dran.
Um 12 Uhr versammeln sich alle am Strand. Einige lassen Laternen in die Luft steigen. Andere Raketen und Böller. Plötzlich ist es 12 Uhr und alle rufen: „Happy New Year!“ Marije beschwert sich, weil es keinen Count Down gegeben hat. Das ist in Holland anscheinend ein extrem wichtiger Bestandteil der Silvester Nacht. Das Pärchen und Marianne gehen auf einen Nudy Dip (Nacktbaden) ins Meer.
Pitschnass folgen sie uns in die Sabeidee Bar, wo wir auf einen Gin Tonic bleiben. Schließlich bleiben wir in der Chill Out Bar hängen. Dort rockt eine siebenköpfige Raggaeband die Bühne. Sie spielen ohne Pause einen Tune nach dem anderen und singen mit ihrem charmanten Thai Akzent „Tank you, Bob Marley. We lof you, Bob Marley“.
Wir tanzen im Sand. Eine Gruppe von fünf jungen schwulen Thais mit unechten Brüsten und rosa Zopfbändern in den Haaren erweckt jedermanns Aufmerksamkeit. Sie sind nicht wie Ladyboys aufgemacht, sondern sehen mit ihren kurzen Haaren eher aus wie verkleidete Jungs. Sie sind wirklich niedlich zusammen und haben den Spaß ihres Lebens.
Mr. Chang, der dauerbreite Besitzer vom Jungle Hut, gesellt sich zu uns und schüttet uns sein Chang Bier in unsere leeren Plastik Becher. Er tanzt immer näher an Marije heran, die ihm genervt ausweicht.
Ich sage Chris, er soll Marije vor Mr. Chang beschützen. Leider versteht er das falsch und legt nun seinen Arm um ihre Schulter. So hab ich das nicht gemeint. Nun muss sie gleich zwei Verehrern ausweichen.
Es ist zwar schade, dass ich Silvester 2011 nicht mit meinen Freunden in Köln, wie ursprünglich geplant, feiern kann. Aber ich muss sagen, dass 30° Grad, Strand, und ein Reggae Konzert dieses Silvester zu einem der Besten in den letzen 25 Jahren gemacht hat.

01.01.2012, Sonntag, Paasook Bungalows, Ton Sai
7 Stunden, 4 Filme und 2 Mahlzeiten im Andaman Restaurant
So sieht ein perfekter Sonntag und ein perfekter 01.01. aus. Wir haben fast den ganzen Tag im Andaman Restaurant verbracht und Essen und Filme gucken waren unsere einzigen Aktivitäten. Da es den ganzen Tag geschüttet hat, blieb uns eh nicht viel anderes übrig.
Und wer bringt uns das Frühstück? Einer der schwulen Thais, die gestern Abend so wild mit ihren Niedlichen Zöpfen zur Reggae Band getanzt haben. Nach und nach entdecken wir sie alle in der Kellner Crew.
Um 11 Uhr zum Frühstück kam der A-Team Film. Danach irgendein animierter Film, in dem sprechende Katzen und Hunde Cops spielen. Um 16 Uhr zum Mittagessen schauten wir „Hast du schon das von den Morgans gehört“ und als Nachtisch gab es Godzilla, worauf ich persönlich hätte verzichten können. Um 18.30 Uhr beschlossen wir, dass es Zeit für einen Tapetenwechsel ist. Wir besuchten Marianne im Mountain View Bungalow. Sie hat’s gestern beim Tanzen wohl etwas übertreiben. Heute tut ihr schon seit einer Woche angebrochener Fuß ziemlich weh.
Wir gehen relativ spät zum Dinner ins Family Restaurant. Neben uns sitzen Alexandro und seine Mutter. Alexandro ist geschätzte 35 und reist durch Südostasien. Seine Mutter ist geschätzte 60 und besucht ihn in Thailand. Sie ist wirklich niedlich. Im Gespräch rückt sie ihre Brille auf die Stirn und schaut uns konzentriert auf die Lippen. Ihr Englisch ist noch nicht so flüssig wie das ihres Sohnes und sie bemüht sich sichtlich ehrgeizig es zu verbessern.
Alexandro war auch auf Bali. Er erzählt mir, dass Uluwatu einer der weltweit berühmtesten Strände zum Surfen ist. Das wusste ich nicht, als ich damals dort Schwimmen war.
Um kurz vor zehn kommen Mathieu und sein Freund Aleph mit dem Longtailboot in Ton Sai an. Ein so frühes Wiedersehen hätte ich nicht erwartet und freue mich riesig. Sie haben sich zwei Roller in Phuket ausgeliehen und sind die knapp 200 km für mehrere Stunden im Dunkeln durch den strömenden Regen gefahren. Sie sind komplett durchnässt. Nicht nur ihre Kleidung, auch ihre kleinen Rucksäcke, in die sie das Nötigste für 2 Tage gepackt haben, sind pitschnass.
Aleph ist ein 23 Jahre junger Rastafari. Er ist halb Äthiopier, halb Franzose. Wie Mathieus Eltern, sind seine Eltern Diplomaten und so hat er auf verschiedenen Kontinenten gelebt. Wenn ich ihn mit seinen Dreads, dem bunten wild gemusterten Hemd und der rot-gelben Wollmütze sehe, kann ich mir kaum vorstellen, dass er Chemie Ingenieurwesen studiert und für eine Flugzeuggesellschaft im Labor gearbeitet hat.
Statt einer Dusche wollen sie allerdings erst mal ein Bier. Das wärmt von innen. Die Duschen in der Paasook Bungalow Anlage sind eh kalt und bringen nicht viel. Gut, dass das Longtailboot sie an der Chill Out Bar rausgeworfen hat.

02.02.2012, Montag – Paasook Bungalows, Ton Sai
Strandwetter
Es hat die ganze Nacht durchgeregnet. Marije hat sich in der Nacht Stöpsel in die Ohren gesteckt, da der Regen so laut auf das Wellblechdach unseres Bungalows prasselte. Marije, Mat und ich gehen zum Frühstück ins Andaman Restaurant. Dort ist es so voll, dass der Oberkellner einen Bestellstopp anordnet. Zum Glück konnten wir unser Frühstück noch in Auftrag geben.
Während des Frühstücks brechen die ersten Sonnenstrahlen durch das Blätterdach. Der Regen der letzten Nacht hat den kleinen sandigen Pfad durch den Wald in eine matschige Rutschbahn verwandelt, in dessen Mitte nun ein kleiner Bach fließt.
Das ist der fürchterlichste Weg für Flip Flops, da der Schlamm beim „Flop“ bis an den Rücken hochspritzt. Ich laufe lieber barfuß und vergesse an diesem Tag zwei Mal meine Schuhe, da sie einfach überflüssig sind.
Mittags entfaltet die Sonne ihre volle Kraft und wir brutzeln am Strand. Aleph kennt Ton Sai schon von einem Besuch vor 3 Jahren. Mathieu ist hin und weg von der Kulisse, die die Felsen zusammen mit den bunten Longtailbooten im Wasser ergeben. Er schießt ein paar Fotos im Sonnenuntergang.
Marije verbringt tatsächlich drei Stunden in den zwei Reisebüros auf Ton Sai. Ihr ursprünglicher Plan war nach Langkawi in Malaysia zu fahren. Allerdings gibt es Probleme, da die Straße zum Fährhafen durch den starken Regen überflutet ist. So überlegt sie hin und her, vergleicht Flug- mit Zug- und Buspreisen und findet schließlich doch noch einen Weg nach Langkawi zu kommen.
Zum Dinner gehen wir wieder ins Andaman Restaurant. Das Essen hat sich hier eben bewährt und das Family Restaurant ist heute geschlossen. Wir gehen auf ein Bier in die Chill Out Bar. Die Live Reggaeband von Silvester soll heute wieder spielen. Allerdings passiert bis 23 Uhr nichts. Sie fangen eben an, wenn sie Lust haben. Und wenn sie keine Lust haben, dann gibt es kein Konzert, auch wenn der Besitzer heute jeden, den er auf dem Weg gesehen hat, mit der Band gelockt hat.
So gehen wir weiter in die Small World Bar, in der wir uns auf die gemütlichen Sitzkissen legen. Marije und ich haben heute 2-monatiges Jubiläum. Vor genau zwei Monaten haben wir uns im Spicy Thai Hostel in Chiang Mai kennen gelernt und sind seit dem zusammen gereist. Leider fliegt Marije schon am 15.01. aus Bangkok nach Hause. Und nun ist unser letzter Abschied, da ich es bis zum 15. Nicht nach Bangkok schaffe. Ich bin froh für so eine lange Zeit eine lustige und unkomplizierte Reisepartnerin gefunden zu haben.

03. und 04.01.2012, Mittwoch – Bus von Phuket nach Bangkok
Eine Nacht auf der Straße
Eine Nacht auf der Straßen Phukets ist gar nicht so schlimm, solange man sie mit den richtigen Leuten verbringt und es warm ist.
Da alle Busse von Ao Nang bzw. Krabi nach Bangkok voll waren, hat Aleph meinen Backpack und Mathieu mich auf seinem Motorbike von Ton Sai nach Phuket mitgenommen. Die Jungs mussten hier hin zurück, da sie ihre Backpacks im Hotel in Patong, einem Strand in Phuket, gelassen hatten.
In Ton Sai checkten wir um kurz vor 12 Uhr aus. Frühstück gabs in einem kleinen Restaurant am Strand. Um Ton Sai mit dem Longtailboot verlassen zu können, mussten wir noch auf 4 Personen warten, bis das Boot voll war.
Die 200 km führten durch grüne Täler voller Palmen und kleine Dörfer, die vom Tourismus zum Glück noch verschont sind. Für die Jungs ist diese Fahrt definitiv angenehmer als der Hinweg, so ganz ohne Regen und Gewitter.
Als wir um 18 Uhr in Phuket an der Busstation ankommen, erfahren wir, dass der Bus für die Jungs nach Ranong am nächsten Morgen um 5 Uhr geht. Ein Bus nach Bangkok fährt „now, now!!“ wie mir die Frau am Ticketschalter erzählt. „Now“ ist mir grad irgendwie zu spontan und 1200 Baht ist auch ziemlich teuer.
So entschließe ich mich wie die Jungs am nächsten Morgen zu fahren. Unsere Backpacks können wir für 20 Baht (50 Cent) im Ticket Office zurück lassen. Ich setze mich in einem Backpacker Hostel  in ein Sofa und warte bei Lemon Soda und Wifi auf die Jungs, die ihre Backpacks aus Patong abholen. Endlich hab ich mal wieder etwas Zeit, um mich von Facebook einnehmen zu lassen.
Der Neuseeländer Chris setzt sich zu mir. Bei Neuseeländern ist jedes fünfte Wort „eh“. Das Hostel TV zeigt Jumanji 2 in voller Lautstärke und ich verstehe ihn kaum.
Mat und Aleph kommen erst gegen 21.30 Uhr wieder. Ich bin schon fast verhungert. Phuket ist eine riesige Stadt, aber anscheinend sind wir in der falschen Ecke. Die Restaurants schließen bereits. Wir haben Glück und finden noch ein paar Plastikschemel auf denen wir „Fried Vegetables with Pork“ essen können.
Heute ist Mathieus und mein zweimonatiges Jubiläum. Wir haben uns direkt am ersten Abend im Deejai Hostel kennen gelernt, in das Marije und ich nach einer Nacht im schäbigen Spicy Thai umgezogen sind. Da ich mit Mat am meisten Zeit von der ganzen Chiang Mai Crew verbracht habe, fühlen sich diese 2 Monate eher wie 2 Jahre an. Das Dinner geht heute mal auf seine Rechnung.
Nach dem Essen gehen wir zurück zum Backpacker Hostel. Die Jungs spielen eine Runde Billarde. Ich bin so müde. Mir fallen im Sitzsack die Augen zu. Um 1 Uhr schließt die Bar und lässt einen blechernen Vorhang herunter. Wir lehnen uns gegen diese Jalousie und warten. Ein paar Franzosen, die in dem Hostel wohnen, setzen sich zu uns. Sie haben schon ziemlich viel Sangsom in sich und Toni, ein Kerl mit dunklem krausen Bart und Karo Hemd, redet ununterbrochen.
In regelmäßigen Abständen ertönt ein Läuten, wie von einer Alarmanlage. Toni läuft los, um dem Geräusch auf den Grund zu gehen. Er weckt den Wachmann vom gegenüberliegenden Gebäudekomplex auf, der beim Läuten seiner eigenen Alarmanlage seelenruhig schläft. Da sollte schleunigst der Klingelton gewechselt werden.
Um 2 Uhr gesellt sich die Chinesin Chelsea zu uns = khakifarbene Hotpants, schwarzes Spaghettitop, schwarze mittellange Haare und ein sympathisches Lachen. Aleph ist sichtlich bemüht sich von seiner besten Seite zu zeigen und versorgt Chelsea mit Bier aus dem 7 Eleven. Plötzlich verstummt ihre angeregte Unterhaltung. Ein Blick zur Seite verrät mir warum. Es dauert nur ein paar Minuten und die beiden verschwinden in Richtung Hosteleingang. Ich will auch ein Bett! Aber für mich allein.
Es ist mittlerweile 3.30 Uhr. Zeit für einen Ortswechsel. Mathieu und ich machen uns auf den Weg zur Busstation. Phuket bei Nacht wirkt wie ausgestorben. Es ist allerdings nicht so hässlich wie ich es mir vorgestellt habe. Die Häuser sind meist nur zwei oder drei Stockwerke hoch und im Kolonialstil gebaut. Ihre Farbe ist mittlerweile von weiß zu grau-meliert gewechselt. Mathieu erinnert es an Kuba. Kaum ist dieser Satz ausgesprochen, sehen wir einen Che Guevara Sticker auf einem Postkasten kleben.
Am Busterminal setzen wir uns in die unbequemen dunkelroten Plastikschalen und schließen die Augen. Aleph ruft an: „Wo seid ihr?“. 10 Minuten später steht er vor uns, grinst und erzählt, dass Chelsea eigentlich lesbisch ist. Sie haben nicht ein Mal Nummern ausgetauscht. Das war ein eindeutiges Geschäft.
Als die Jungs um 5 Uhr ihre Tickets beim gerade eingetroffenen Bus nach Ranong kaufen wollen, müssen sie feststellen, dass der Bus bereits voll ist. Dabei hat die Frau vom Ticketschalter gestern Abend noch gesagt, dass sie das Ticket am Morgen kaufen sollen und es kein Problem sei. Ärgerlich. Wahrscheinlich kommen sie nun zu spät in Ranong an und erwischen ihre Fähre nach Ko Chang nicht mehr.
Für mich ist es eher positiv. So muss ich die restlichen drei Stunden nicht alleine warten. Ich lege meinen Kopf auf Mats Backpack und meine Beine auf meine Handtasche auf dem Fliesenboden des Busterminals. Das ist definitiv bequemer als die Plastikschalensitze. Ich schlafe sofort ein.
Um 8 Uhr verabschiede ich die Jungs. Auch diesmal ist es, wie die Male zuvor, nur ein temporärer Abschied, da ich die beiden wahrscheinlich auf meinem Rückweg von Kambodscha auf einer Bio Farm in der Nähe von Buriram besuchen werde.
Nun sitze ich für 500 Baht (13 €) in einem Doppeldecker Bus. Mein Platz ist ganz oben vorne vor der Scheibe und ich habe quasi beste Aussicht. Neben mir sitzt ein etwa 25 Jahre junger Thai, der mit seinem Blackberry Thai-Pop hört. Gott sei Dank hat er nicht viel in seine Kopfhörer investiert. So kann ich bei jedem Song mitgrooven.
Ich habe noch 13 h Fahrt vor mir. Und dann muss ich herausfinden, wann ich den Bus an die Grenze von Kambodscha nehmen kann. Ich fürchte, mir steht eine Nacht in Bangkok bevor. Schließlich macht die Grenze erst um 7.30 Uhr auf und die Fahrt  dauert angeblich nur 4-6 Stunden. Ob ich mich traue alleine eine Nacht auf der Straße von Bangkok zu verbringen, weiß ich noch nicht.
Jetzt schließe ich erst mal die Augen und hole etwas Schlaf nach.

05.01.2012, Donnerstag – Bus von Bangkok nach Aranyaprathet
Von Ton Sai nach Siem Reap in 48 h ohne Bett und Dusche
Das mache ich nicht noch Mal. Ich bin so K.O., so müde und mein Rücken tut weh. Der Bus von Phuket nach Bangkok hat 15 Stunden gebraucht. Er hat überall angehalten, um Leute einzusammeln oder irgendwelche Papiere abzugeben. Dafür hat er nur alle 4 h angehalten, um eine Pinkelpause zu machen.
Immerhin konnte ich direkt in Morchit, dem nördlichen Bus Terminal aussteigen. Von diesem fahren nämlich die Busse nach Kambodscha. Der Ticketschalter öffnete allerdings erst um 4 Uhr, also musste ich 4 Stunden warten. Nach einer Katzenwäsche und mit einem frischen T-Shirt fühlte ich mich gleich besser.
Auf so einer langen Reise gehen die Akkus sämtlicher technischer Geräte leer. Nach ein paar kaputten fand ich eine funktionierende Steckdose hinter einem Geldautomaten. Gerade, als ich meinen Laptop eingestöpselt hatte, kam ein Security Wachmann und scheuchte mich davon. Zum Glück kann man im 7 Eleven Convenience Store für 25 Baht (60 Cent) ein Gerät aufladen. Ich ließ gleich PC und Handy dort und schloss meinen IPod an den PC an.
Dann ließ ich mich auf einem der unbequemen blauen Plastikstühle nieder, die in Dreierreihen am Busterminal stehen. Auf ihnen schliefen schon allerhand Menschen. Ich lehnte mich auf meinen Backpack und bin nicht mal aufgewacht, als um kurz vor 4 Uhr mein Wecker klingelte.
Zum Glück ist meine innere Weckuhr relativ pünktlich und so wachte ich kurz nach 4 Uhr auf, kaufte ein Ticket für 200 Baht (5€) und nahm um 5.15 Uhr den Bus Richtung Grenze.
Die Klimaanlage im Bus ist auf 15° Grad eingestellt. Gut, dass ich meinen Schlafsack dabei habe. Die ersten Stunden im Bus habe ich mich lang unter drei Sitzreihen gelegt. Das tat gut. Ich habe schon das Gefühl, dass ich 5 cm geschrumpft bin vom ganzen Sitzen.
Ein Pärchen aus Alaska ist mit mir im Bus. Da habe ich schon meine Partner zum Taxi teilen gefunden.
Die Einreise nach Cambodia ist komplizierter und dauert länger als in den bisher bereisten Ländern. Unser Bus wirft und in Aranyaprathet an der zentralen Bushaltestelle raus. Neben Emily, Sean und mir ist Zoe eine weitere Westlerin im Bus. Wir nehmen zusammen ein Tuk Tuk an die Grenze nach Poipeht. Der Grenzübergang ist super busy. Neben hunderten Touristen warten auch dutzende Touts auf uns. Diese Männer bieten uns Hilfe bei der Visabeantragung an. Sie versuchen uns in ihr Büro zu locken und uns dort ein überteuertes Visum für 1200 Baht (30 €) zu verkaufen. Am offiziellen Grenzübergang sind es nur 800 Baht (20 €). Uns folgt ein Mann, der betreuert für die kambodschanische Regierung zu arbeiten. Er sagt, dass er vom Staat bezahlt wird und nur freundlich ist und uns in keine Falle locken will. Wir trauen ihm nicht so richtig.
Als wir in der Schlange an der thailändischen Seite der grenze auf unseren Ausreisestempel warten, gibt er uns schon mal das Einreiseformular für Cambodia. Wir wissen zuerst nicht, ob das wirklich das offizielle Formular ist. Als ich eine russische Reisegruppe vor uns stehen sehe, die das gleiche Papier ausfüllt, weiß ich, dass es das offizielle ist.
Der Mann weist uns an zur Karantäne Abteilung zu gehen. Wir wissen nicht, was wir da sollen und laufen stattdessen zum Immigrationsbüro. Dort bekommen wir für das entsprechende Geld den Stempel in unseren Reisepass.
Dann geht’s weiter in die nächste Schlange. Wir geben die Immigrationskarte mit den Daten wie „was ist der Grund ihrer Reise?“ sowie unsere Fingerabdrücke ab und lassen uns fotographieren.. Dann haben wir den administrativen Part hinter uns. Nun muss nur noch der Reisepart bewältigt werden.
Mit dem staatlichen Shuttle-Bus fahren wir an die zentrale Bushaltestelle von Poipeht. Dort angekommen können wir uns zwischen Bus, Minibus du Taxi entscheiden. Das Taxi ist am teuersten und am schnellsten. Wir sind alle müde, deshalb entscheiden wir uns fürs Taxi. Der Mann, der uns die ganze Zeit gefolgt ist, versucht uns auch irgendwie zum Taxi zu überreden. Vielleicht ist das der Part, wo er Kommission bekommt. Ich tausche baht gegen Dollar ein und bekomme sogra einen relativ guten Kurs.
Das Taxi ist ein einfaches schwarzes Auto ohne Klimaanlage. Der Fahrer hält andauernd an, entweder um sich ein Wasser zu kaufen, dass er sich dann ins Gesicht schüttet oder um Benzin nachzutanken, dass hier in alten Rumflaschen an der Straße verkauft wird.
Ich bin so müde. Ich schlafe andauernd ein. Den anderen geht es genauso. In Siem Reap werden wir nach 2 h Fahrt an einem Parkplatz rausgeworfen. Wir müssen in ein Tuk Tuk umsteigen. Das ist immerhin schon inklusive. Der Tuk Tuk Fahrer fragt uns, ob wir schon eine Bleibe haben. Als wir verneinen sagt er, dass er uns „hilft“, eine gute Unterkunft zu finden. Mit anderen Worten: er fährt uns zu Hotels, von denen er eine Kommission pro Gast bekommt. Die erste Station ist das Bun Seda Guesthouse. Zuerst werden uns Zimmer für 15 $ angeboten. Wenn sie die Aircondition und das heiße Wasser ausschaltet, sind es 10 $. Als wir sagen, dass wir drei Zimmer nehmen, lässt sich die unfreundliche Hotelbesitzerin auf 8 $ herunterhandeln. Das ist in Ordnung, dafür, dass es nicht wirklich sauber ist und mein Zoe‘s und mein Zimmer im vierten Stock einer Sauna gleicht.
Zum Lunch esse ich mit Sean und Emily im Restaurant nebenan. Für 2 $ gibt es gebratene Eggplant (ähnlich wie Aubergine) mit Schweinefleisch und Reis, was ein traditionelles Khmer-Gericht ist. Die Fleisch-Gemüse-Mischung ist in einer dunklen klebrigen Soße gebraten und schmeckt pampig. Mathieu hatte mich schon vorgewarnt und gesagt, dass die kambodschanische Küche nicht besonders toll ist. Er hat definitiv Recht.
Nach dem Essen laufe ich durch die Straßen von Siem Reap. Mir gefällt die kleine Stadt mit ihren Wellblechbuden, in denen kleine Shops untergebracht sind und der geschäftigen „Pub-Street“, die nur aus Bars und Restaurants besteht. Heut Abend wollen wir diese erkunden. Vorher muss ich allerdings ein Nickerchen halten.
Ich schlafe wie ein Stein und aus dem Nickerchen wird ein ordentlicher fünfstündiger Tiefschlaf. Den Wecker um 19.30 Uhr hab ich nicht gehört. Dafür werde ich vom Klingeln meines Handys wach. Papa ist am Telefon und zu einem Pläuschchen aufgelegt. Ich muss erst ein Mal realisieren wo ich bin, warum es schon dunkel ist und was hier überhaupt vor sich geht. „Kambodscha, Siem Reap, Verabredung mit Emily, Sean und Zoe“ geht mir durch den Kopf. Papa wundert sich, dass ich um 21.45 Uhr schon schlafe. Die zweitägige Busreise und die zwei unbequemen Nächte in Phuket und Bangkok haben mich richtig geschafft.
Unter meiner Tür finde ich einen Zettel von Zoe. Wir treffen uns morgen früh um 9 Uhr zum Frühstück. Gut. Das bis dahin sind es noch 10 Stunden Schlaf. Gute Nacht.

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