Freitag, 16. September 2011

Singapur - Chinatown, Little India, Marina Bay Hotel












15.09.2011, Donnerstag

Amigos Hostel, Little India, Singapore

Braucht jemand noch ein Zimmer heute Nacht? Ich hab nämlich ein 10er Dorm für mich allein. Daria und Christoph S. haben grad schon angekündigt zu kommen. Also sind noch 7 Betten frei…

Der Hostelbesitzer L.J., der grade unten an der Rezeption, die eher einem Messi-Wohnzimmer gleicht, mit zwei Kollegen musiziert, meinte zum Glück, dass es am Wochenende voll wird. Anscheinend kommen viele, um sich das Formel 1 Rennen an zu schauen, weswegen mein erstes Hostel, das Beary Nice in China Town ausgebucht ist. „Beary“ Nice haben die Besitzer übrigens ernst genommen und überall Plüsch Teddybären hingestellt… dafür wars sehr sauber, klein und gemütlich. 

Die easy peasy- „zahlste heute nich, zahlste Morgen“-Mentalität der Australier haben die Singapurer leider nicht. Im Beary Nice gibt’s direkt eine DIN A 4 Blatt große Rechnung mit Signatur für das bezahlte Bett. Um mein Zimmer verlassen zu können, musste ich meine Schlüsselkarte benutzen und die Badezimmer sind für Männlein und Weiblein getrennt.

Als ich mir gestern Abend meine Zähne putzte, musste ich hören, wie Tracey ihr Dinner dem Klo widmet. Da sie nix getrunken hatte und super dürr ist, ahne ich Schlimmes. Ich glaube viele nutzen Reisen als Weg sich selbst zu finden oder als Flucht vor ihren Problemen. So habe ich schon vergewaltigen Mädels, Traveller mit krassen Drogen-Vergangenheiten und Menschen, die sehr um ihre verstorbenen Angehörigen trauern kennen gelernt. Manchmal ist es schon eine Ausnahme, wenn man keine tragische Vergangenheit vorzuweisen hat.

Tracey war das erste Mädel, das ich hier in Singapur kennengelernt hab. Sie saß noch am Laptop als ich nach 8 h Flug um 1 Uhr nachts im Hostel ankam. 

Emirates als Fluggesellschaft finde ich übrigens vollkommen überbewertet. Im Vergleich zu Qantas hatte ich nur etwas mehr Beinfreiheit und eine größere Filmauswahl. Die Stewardessen waren dafür grimmig und das Essen langweilig.

Tracey ist eine der 20 Millionen Menschen, die einen irischen Pass besitzen, aber nicht in Irland wohnt. Das bestätigt mein Gefühl, dass halb Irland auf Reisen ist. Ich hab mich immer gefragt, wie es sein kann, dass Irland nur 4.5 Millionen Einwohner hat aber jeder vierte Backpacker Ire ist. Sie kommt gerade aus Malaysia und geht nach Australien. So haben wir Malaria Tabletten mit einem australischen Adapter und meinem Mobil Surf Stick ausgetauscht.

Und nun kann ich ein neues Klischee über die Iren aufstellen oder beweisen. Je nachdem. Und zwar sind Iren immer neidisch. Als ich Tracey erzählte, dass ich noch 3 ½ Monate Asien vor mir habe, sagte sie „I’m sooo jealous!!“ Und das ist das Gleiche, was auch Gemma, Orla, Holly etc. in Melbourne gesagt haben. Worauf die Iren auf Fraser Island, beim Raften und wo ich sie noch überall getroffen habe, eifersüchtig waren, kann ich nicht mehr sagen. Jedoch hörte ich diesen Satz bisher oft aus einem irischen Mund.

Ironischer Weise habe ich meinem ersten Abend in Singapur mit zwei Australiern verbracht. Emma und Lorenz aus Brisbane reisen nämlich grad über Asien nach Europa. Das Ticket fürs Oktoberfest ist schon gebucht und die Oma in Nürnberg freut sich auf den Besuch. 

Mit den beiden bin ich auf das Dach des Marina Bay Hotels gefahren. Dieses Gebäude, was im Prinzip wie ein Schiff aussieht, das auf drei nebeneinanderstehenden Hochhäusern gestrandet ist, soll das teuerste Hotel der Welt sein. Selbst Dubai hat bisher noch keine Alternative geboten. Und in der Tat ist der Anblick sehr beeindruckend und man sieht es von fast überall, wenn man am Fluss steht. 

Da wir erst um 21.30 Uhr dort ankamen und die Besucherterrasse um 22 Uhr schließt, entschlossen wir uns die 20 $ zu sparen und eine halbe Stunde zu warten, bis wir kostenlos auf eine etwas tiefer gelegene Terrasse fahren können.  Emma und Lorenz waren hungrig. So gingen wir zu dem Foodcourt des nahe gelegenen Casinos. Doch statt sich eins der köstlichen frischen asiatischen Menüs zu gönnen, kauften sie sich Sandwisches und Pommes. Die beiden waren echt ein gutes Beispiel für die Kulturbanausigkeit der Australier. Von Van Gogh und Dali, dessen Werke grad im Museum of Arts and Science zu bewundern sind, hatten sie noch nie etwas gehört.

Dafür sah Emma in ihrem Kleid und mit ihren wohl frisierten Haaren sehr hübsch aus und schaffte es, den Security Guard zu bezierzen. So landeten wir am Ende doch noch auf der besagten Besucherterrasse und das for free.

Die Aussicht war wirklich einmalig und die bunte Skyline schien nie zu enden. Überall glitzert und pulsiert das Leben in Singapur. 

Allerdings muss ich sagen, dass mir in dieser Stadt vieles zu gewollt und zu künstlich ist. Mir fehlt der Charme von alten geschichtsträchtigen Gebäuden. Zwar ist alles wirklich sehr sauber und modern, aber ich würde lieber etwas mehr Dreck in Kauf nehmen und dafür etwas mehr Ursprünglichkeit erleben. Ein Paradox ist, dass Singapur als sauberste Stadt der Welt gilt, obwohl sie so viel Müll produziert. Zum Beispiel ist jedes Bon Bon, jeder Haribo extra eingepackt statt lose in der großen Packung zu sein.

Daher muss ich zugeben, dass ich immer noch auf den Kulturschock warte. Singapur ist zu westlich, um einen Europäer zum Straucheln zu bringen. Alle Schilder auf den Straßen, in Supermärkten, Museen, im öffentlichen Verkehrssystem etc. sind auf Englisch. Englisch ist sogar die Hauptsprache, die man hört, wenn man Asiaten auf der Straße belauscht. 

Und wenn man sich europäisch ernähren will, dann geht das auch. Gestern habe ich im Mustafas Shopping Center, einem riiiiieeeeesen Supermarkt in Little India sogar Nimm 2 Bon Bons und Milka Schokolade entdeckt. Der „Deutsche Rührkuchen“ wurde sogar im Special angepriesen. Meine Freude über die günstigen Bierpreise dort war schnell wie weggeblasen, als ich realisierte, dass es sich nur um alkoholfreies Bier handelt….Mustafa trinkt eben ungern. 

Alkohol ist hier eh verhältnismäßig teuer. Für eine Flasche Bier zahlt man in einer Bar 10 $ = 6 €. Nach dem ganzen australischen Goon ist es eh ganz gut, dem Körper eine Auszeit zu gönnen.

Natürlich gibt es doch das Ein oder Andere, was mich hier beeindruckt. Faszinierend finde ich eine Ampel, die, wenn es grün wird, die Sekunden runter zählt, bis es wieder rot wird. Sehr praktisch! 

Zum Glück habe ich gestern auch etwas Improvisation entdeckt. Zum Beispiel war es dem Busfahrer egal, dass ich statt 1 $ nur 70 Cent Kleingeld bei mir hatte und er hat mich trotzdem mitgenommen. Und in der Post wurde mir eine Rolle Geschenkpapier und Prickelfolie in die Hand gedrückt, mit der ich meine Post dann selber verpacken durfte, da sie zu groß für einen Umschlag war. Mal sehen, ob das Paket ankommt. Das letzte Mal, als der Zoll ein an mich adressiertes Paket in (allerdings pinkglitzernder) Geschenkfolie aus Asien entdeckte, durfte ich erst mal erklären, dass sich darin Schuhe befinden und eine Gebühr von 40 € zahlen, womit sich die vermeintlich günstige Bestellung aus China als im Endeffekt genauso teuer entpuppte, wie der Schuhkauf in Deutschland.

Etwas geschockt war ich, als ich am Flughafen auf das erst beste Klo marschierte und nur ein Loch im Boden vorfand. Zum Glück gibt es immer auch europäische Toiletten, bei denen man nicht Gefahr läuft, seine Hose zu besprenkeln.

Interessant sind auch die beiden Viertel China Town und Little India.

In Chinatown wimmelt es von Restaurants und abends gibt es einen Night Market mit vielen Ess-Ständen. Ich bin in einen Laden gelaufen, der auf den ersten Blick wie ein asiatischer Supermarkt aussah. Auf den zweiten Blick entpuppte er sich als Apotheke nach traditionell chinesischer Medizin. Der Besitzer zeigte mir ein paar Raupen und Käfer, die für einen Heiltee verwendet werden. Ich glaube bei dem Anblick geht es jedem Kranken sofort besser.

Einen Tag bevor ich gekommen bin, ist hier ein großes chinesisches Fest geendet. Daher sind alle Straßen noch bunt mit Lampignons geschmückt. Sehr farbenfroh ist auch der Sri Mariamman Tempel, ein Hindu Gebetshaus aus 1843, das man natürlich nur barfuß betreten darf. Gleich nebenan hat eine Inderin ihren Henna Tattoo stand. Und da dachte ich mir: Johanna hat sich in Singapur ein Tattoo geholt. Dann mach ich das auch! Nun ziert ein Muster aus Blumen, Ranken und Punkten meine rechte Hand und reicht bis zum Nagel des Zeigefingers. Allerdings – keine Sorge – das geht nach 2 Wochen wieder weg ;)

Geshoppt hab ich auch auf dem Bugis Street Market, einem wuseligen Markt  in Little India, auf dem es alles gibt. Zum Beispiel eine Fake Plastik Casio. Die gibt es dort für 5$ = 3 € in allen Farben. Ich hab mich für hellgrün entschieden. Der Stand, der Entenfuß, -nacken, -kopf, -knochen usw. zum Essen anbietet hat mich fasziniert. Aber ich hab mich noch nicht getraut etwas zu probieren.

Erst gestern habe ich mir mein Lunch an einem Stand in Chinatown geholt, bei dem man einfach darauf zeigt, was man haben will. Ich dachte, ich bestelle mir Tintenfischstücke und musste feststellen, dass es sich dabei um geriffelte Pommes in süß-sauer Soße handelt… FAIL!

Frisch gebackenes Naan Brot gab es in little India, das ebenfalls unzählige Restaurants und Imbisse bietet. Im Sri Veeramakaliamman Tempel sah ich zu, wie die Gläubigen Inder von einem „Priester“ gesegnet wurden. Der Tempel war bunt mit Blumen geschmückt, die direkt auf der Straße vor dem Tempel verkauft werden, und roch süß nach Räucherstäbchen.

Nach meinem Spaziergang durch Little India bin ich zum Clark Quay gegangen, um mich dort mit Alex, einem Deutschen (aus Bayern – woher auch sonst) zu treffen, der gerade bei Siemens Praktikum macht. Da mein Handydisplay kaputt ist und die australische SIM Karte eh nicht funktioniert, bin ich zurzeit nicht mobil erreichbar. So schrieb ich ihm nachmittags eine Mail und schlug vor, uns vor dem Eingang des Central Shopping Centers zu treffen. Ich war dort von 8.00 – 8.15, so wie er und wir haben uns nicht getroffen. Wahrscheinlich sind wir hintereinander her von Ausgang zu Ausgang gelaufen und haben uns dabei verpasst. Heute Abend steht dann der zweite Versuch mit genauerer Treffpunktbezeichnung. 

Der Clark Quay ist eine Promenade mit unzähligen Restaurants, Bars und Shops, die mir zu konstruiert wirkt. Alles ist bunt und neu und wirkt etwas wie in einem Vergnügungspark. In den Bars sitzen die reichen Touris (1 Bier = 10 $) und auf den Brücken sitzen die einheimischen Jugendlichen, die sich ein günstigeres Bier aus dem 7 Eleven oder Choors Convenience Store geholt haben.

Vielleicht sind darunter auch ein paar junge asiatische Touristen. Generell ist es für mich unmöglich zu sagen, wer zur Bevölkerung Singapurs gehört und wer nicht. Für mich sieht der eine Asiate noch wie der andere aus.

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